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Verhandelt wird im Landgericht - hier ein Bild vom ersten Prozesstag.

© Henri Kramer

Mordprozess in Potsdam: Polizisten stellen Aussagen des Angeklagten infrage

Auch der Sohn des Opfers bestritt die Angaben des angeklagten Ex-Partners seiner getöteten Mutter. Die Frau wurde Anfang März in der Waldstadt erstochen.

Im Prozess um die brutale Tötung einer Frau in ihrer Wohnung in Potsdam ist ihr angeklagter Ex-Partner schwer belastet worden. Ein Polizeikommissar schilderte bei der Verhandlung am Freitag vor dem Landgericht Potsdam, bei einer ersten Befragung habe Christian P. erklärt, ein Streit mit seiner früheren Verlobten sei eskaliert, nachdem sie ihm eine Ohrfeige gegeben habe. Er habe in der Folge ein Messer genommen und sie erstochen. Die Frau sei untreu gewesen, erinnerte sich der Polizist an eine weitere Aussage des 41 Jahre alten Angeklagten.

Eine andere Polizistin bestätigte die damaligen Geständnisse. Er habe das nicht gewollt, erinnerte sie sich an eine Aussage. Auch habe der Angeklagte erklärt, die Tat sei die Schuld seiner früheren Verlobten gewesen, sie habe alles zerstört. Er habe Reue und Selbstmitleid empfunden, kooperativ ausgesagt und habe verneint, dass er gerade unter Psychosen leide, so die Schilderung der Beamten.

Der Angeklagte hatte im Gericht eine andere Version des Geschehens erzählt

Der Mann selbst hatte in seinem Teilgeständnis am ersten Verhandlungstag eine andere Version des Tattags am 1. März erzählt. So hatte er zwar zugegeben, dass er zugestochen habe – aber erst nachdem auch der 17 Jahre alte Sohn seiner Ex-Partnerin ihn angegriffen und an der Hand verletzt habe.

Gegenüber den Polizisten gab er hingegen an, er wisse nicht, wie es zu den Verletzungen gekommen sei. Der Teenager bestritt im Zeugenstand, dass er bei der Bluttat vor Ort gewesen sei – vielmehr habe er die Wohnung wenige Minuten vorher verlassen, um für seine Mutter ein neues Handy zu besorgen. Plötzlich habe er dann aber Schreie aus dem vierten Stock des Wohnblocks Am Schlangenfenn gehört.

Ein extremes Verletzungsbild.

Einer der Kriminalbeamten im Zeugenstand zum Zustand der getöteten Frau

Ein weiterer Kriminalist schilderte das „extreme Verletzungsbild“ bei der Frau, die mit 26 Messerstichen am gesamten Körper umgebracht wurde. Am erste Verhandlungstag hatte bereits die transsexuelle Tochter der Frau die Tat geschildert, bei der der Angeklagte auch sie schwer verletzt hatte. Die Frau hatte sich kurz vor der Tat von ihm getrennt, unter anderem wegen seines Drogenkonsums – zuvor gab es Hochzeitspläne, zudem hatten sie ein Baby gezeugt, dass zum Zeitpunkt der Tat in der Wohnung war.

Hätte Christian P. noch länger in die Psychiatrie gehört?

Neben der Tat geht es in dem Verfahren inzwischen auch um die Frage, ob Christian P. überhaupt hätte auf freiem Fuß sein dürfen. Denn er war schon vorher mit einem Gewaltdelikt auffällig geworden, saß jahrelang im Maßregelvollzug in der Klinik für Forensische Psychiatrie in Eberswalde, hatte schwere psychologische Probleme und stand unter Bewährungsauflagen, gegen die er zum Beispiel mit Drogenkonsum verstieß.

Daher hatte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) mit Beschluss vom 25. August 2021 eine zuvor zur Bewährung ausgesetzte Unterbringung in dem psychiatrischen Krankenhaus für die Dauer von drei Monaten wieder in Vollzug gesetzt, wie eine Gerichtssprecherin den PNN bestätigte. Die Klinik habe dann mit Schreiben vom 15. Oktober mitgeteilt, dass man von vier Monaten Behandlungsdauer ausgehe, so die Sprecherin.

Daher habe es dann am 24. November eine Anhörung vor Gericht gegeben, unter anderem mit den Klinikexperten. Im Ergebnis habe die Kammer entschieden, die Unterbringung in dem Krankenhaus nicht zu verlängern. Am 29. November habe dann die wiederum die Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) die Unterbringung in dem Krankenhaus in Eberswalde für mindestens einen weiteren Monat beantragt. Doch dazu wurde eine weitere Anhörung erst für den 16. Februar bestimmt – der Angeklagte war da schon rund zwei Monate wieder auf freiem Fuß.

Bei jenem Gespräch, anwesend waren mehrere der Ärzte von P., seien dann „die Voraussetzungen und Notwendigkeit einer weiteren Krisenintervention mit unterschiedlicher Zielrichtung ausführlich erörtert worden“, so die Gerichtssprecherin. Details nannte sie nicht. Laut „Märkischer Allgemeiner Zeitung“ hatte in dem Gespräch die Bewährungshelferin von P. gewarnt, dessen Lebensgefährtin könne zum Opfer werden.

Doch im Ergebnis habe die Frankfurter Kammer gegenüber der Staatsanwaltschaft zum Ausdruck gebracht, dass die im Strafgesetzbuch genannten Voraussetzungen für eine weitere Klinikunterbringung nicht vorliegen dürften, so die Gerichtssprecherin. Erwogen wurde aber eine Änderung der erteilten Weisungen, hieß es. 14 Tage später folgte die als Mord angeklagte Bluttat. Die Frage nach dem psychischen Zustand des Mannes ist wichtig für die Entscheidung, welche Strafe P. am Ende erhält.

Generell wird die besagte Entscheidung der Frankfurter Kammer nicht noch einmal von übergeordneter Stelle analysiert, machte die Gerichtssprecherin unter Verweis auf den vom Grundgesetz geregelten Schutz der richterlichen Unabhängigkeit deutlich: Daher sei das Verfahren "einer Prüfung durch die Justizverwaltung entzogen".

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