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Vor dem Abriss: Der Staudenhof am Alten Markt.

© Ottmar Winter/ PNN

Umstrittener Staudenhof-Abriss: Neue Proteste angekündigt: Wird der Potsdamer Wohnblock bald besetzt?

Trotz eines erneuten Stadtverordnetenbeschlusses gegen den Erhalt des DDR-Baus: Die Diskussion darüber ebbt nicht ab.

Auch nach einem erneuten Stadtverordneten-Beschluss gegen den Erhalt des Wohnblocks Staudenhof wollen die Abrissgegner nicht aufgeben. Für den 12. bis 14. Mai ruft das linke Netzwerk „Stadt für alle“ zu einem Stadt- und Klimacamp an dem Gebäude auf. „Wir nehmen damit die ökosoziale Wende in Potsdam in die eigenen Hände“, teilte das Netzwerk am Donnerstag mit. Geplant ist bei dem Camp unter anderem eine Menschenkette, ein 24-Stunden-Lauf um den Staudenhof sowie ein „Aktionstraining zu den Basics des zivilen Ungehorsams“ – als Übung für eine nicht näher ausgeführte „reale Aktion“.

Mittlerweile haben sich mehr als 15 Organisationen dem Protestaufruf angeschlossen, unter anderem Klimaschutzgruppen wie „Extinction Rebellion“, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland oder die Macher des Bürgerbegehrens „Tschüss Erdgas“.

Schon länger halten es Verantwortliche in der Stadtverwaltung und der kommunalen Bauholding Pro Potsdam nach PNN-Informationen für wahrscheinlich, dass der Staudenhof vor dem geplanten Abriss ab Sommer besetzt werden könnte. Ähnlich waren Aktivisten aus der linken Szene schon im Sommer 2017 vorgegangen, als kurz vor dem Abriss der früheren Fachhochschule am Alten Markt diese besetzt wurde.

Blick von einem der Balkone im Staudenhof.
Blick von einem der Balkone im Staudenhof.

© Henri Kramer

Mit einem Polizeieinsatz wurde die Aktion damals beendet, es gab Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch und anschließende Gerichtsverhandlungen. „Eine soziale, für alle Menschen bezahlbare und klimagerechte Stadt wird nur von unten erkämpft“, so das Netzwerk Stadt für alle. Und: „Sich auf die politischen Eliten in dieser Stadt zu verlassen – das hat die Abstimmung am Mittwoch wieder gezeigt – ist vergebliche Mühe.“

Tatsächlich war am Mittwochabend erneut ein Versuch zur Rettung des Staudenhofs an einer deutlichen Mehrheit im Stadtparlament gescheitert. Konkret ging es um einen Antrag von 20 Stadtverordneten für ein neues Drei-Jahres-Moratorium für den DDR-Bau. Dessen Initiatoren – vornehmlich die beiden Linke-Fraktionen und die Fraktion Die Andere – hatten die Forderung mit der Flüchtlingskrise in Potsdam begründet.

Wegen des akuten Bedarfs an Wohnraum sowie der angespannten Haushaltslage würden die in dem Block verfügbaren 182 Wohnungen benötigt. Dies sei günstiger als der Neubau von zum Beispiel einem geplanten Containerdorf wie am Campus Jungfernsee – für 19 Millionen Euro reine Investitionskosten. Unter anderem SPD, große Teile der Grünen, CDU, AfD, FDP und Bürgerbündnis folgten dem aber nicht.

Im obersten Geschoss des Staudenhofs: Wasserschäden sind unübersehbar. Darunter befindet sich ein Kasten mit Hauselektrik. 
Im obersten Geschoss des Staudenhofs: Wasserschäden sind unübersehbar. Darunter befindet sich ein Kasten mit Hauselektrik. 

© Henri Kramer

In der Debatte erklärt eine Sprecherin der Initiative „Seebrücke“, Paula Ambrus, mit dem Abriss vollführe Potsdam eine Rolle rückwärts bei den Integrationsbemühungen für Geflüchtete. Der Staudenhof sei ein „Juwel bei der Integration“, zumal dort eine wohnungsähnliche Unterbringung möglich sei. Der frühere Chef des Landesbetriebs Bauen (BLB), Norbert John, argumentierte, das Land habe 2015 verschlissene Büroräume kurzfristig zu Flüchtlingsunterkünften umgenutzt: Beim Staudenhof sei das noch leichter möglich.

Arbeiterwohlfahrts-Geschäftsführerin Angela Schweers kritisierte, stattdessen würden nun zum Beispiel Flüchtlinge in der Biosphäre untergebracht. Eine Sprecherin von Fridays for Future erinnerte an den Beschluss zum Klimanotstand für Potsdam - der so konterkariert würde.

Ein Sicherungskasten in einer Staudenhof-Wohnung.
Ein Sicherungskasten in einer Staudenhof-Wohnung.

© Henri Kramer

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sagte hingegen, unter anderem aus Brandschutzgründen könne man das Gebäude nicht über den 30. Juni hinaus nutzen. Auch für die nötige Sanierung müsste man es leer ziehen. Ähnlich hatten Vertreter der kommunalen Bauholding Pro Potsdam bereits am Mittwochvormittag bei einem Rundgang vor Ort dargestellt, dass bei einer Weiternutzung mit harten Sanierungsauflagen durch die Bauaufsicht zu rechnen sei. Unter anderem sei die Elektrik im Haus überaltert und das Dach porös - dieses müsste komplett saniert werden, sagte Pro-Potsdam-Chef Bert Nicke. Auch von baufälligen Balkonen war die Rede.

Die noch im Haus lebenden Flüchtlinge würden allesamt neue Wohnungen erhalten, quer im gesamten Stadtgebiet. Dabei seien teils auch größere Wohnungen als nun im Staudenhof, so das Unternehmen. Die Hälfte des Baus sei gar keine Wohnfläche – das mache auch die Sanierung so teuer und unwirtschaftlich, sagte Nicke - woran die Abrissgegner zweifeln. Wie berichtet soll anstelle des Staudenhofs ein Neubau mit Sozialwohnungen entstehen - allerdings erst bis 2029. Zuvor soll das Gelände als Logistikstützpunkt für die Wiederherstellung der Potsdamer Mitte dienen.

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