zum Hauptinhalt
Nikolaikirche Potsdam, Schmuckdetails

© Andreas Klaer

Bachtage Potsdam: Osterkantaten zum Finale

Seit dem Jahr 2000 sind die Bachtage Potsdam nicht mehr aus dem Kulturleben der Stadt wegzudenken. Am Sonntag fand die diesjährige Ausgabe ihren Abschluss in der Nikolaikirche.

Der Leipziger Thomaskantor Johann Sebastian Bach weilte 1747 bei seinem Sohn Carl Philipp Emanuel in Potsdam. Der Hofcembalist des Königs Friedrich II. musste seinen Vater dem Monarchen im Stadtschloss vorstellen. Dieser gab dem alten Bach ein musikalisches Thema vor und hatte die Idee, dass er daraus ein Werk komponieren könnte. Der König ahnte nicht, dass daraus eine der wichtigsten Kompositionen der abendländischen Musikgeschichte entstehen würde: das Musikalische Opfer.

243 Jahre später hatte Nikolaikirchenkantor Björn O. Wiede die Idee, Bachtage in Potsdam zu etablieren. Seit dem Jahr 2000 sind sie nicht mehr aus dem Kulturleben der Stadt wegzudenken. Nach einer Corona-Pause nahmen die von der Brandenburgischen Bach-Gesellschaft veranstalteten Konzerte in diesem Jahr wieder volle Fahrt auf, dank Nikolaikantor Wiede, der der organisatorische und künstlerische Sachwalter der Bachtage ist und mit sieben Konzerten aufwartete.

Dazu kamen noch zwei von ihm musikalisch gestaltete Gottesdienste. Eine Mammutaufgabe. Im Konzertreigen, der am Geburtstag von Bach am 21. März eröffnet wurde, gab es unter anderen Orgelkonzerte mit Wiede in St. Nikolai und in der Französischen Kirche, ein Klavierkonzert mit dem italienischen Ausnahmepianisten Gianluca Luisi im Palais Lichtenau, die Johannespassion in der Erlöserkirche mit der Potsdamer Kantorei sowie schließlich das Bachkantaten-Konzert in St. Nikolai am Ostersonntag.

300 Kantaten soll Bach im Laufe seines Lebens komponiert haben, an die 200 sind heute erhalten. Neben dem Leiden und Sterben Jesu reflektierte er auch über dessen Auferstehung. Mit Musik, das wusste natürlich auch Bach, lassen sich starke Gefühle auf die Singenden, Musizierenden und Zuhörenden transportieren, so in Sachen schmerzliche Ereignisse und freudige Erfahrungen.

Mit Verve beim Schopf gepackt

Zum Auftakt des Kantatenabends am Ostersonntag bot das mit hervorragenden Musikerinnen und Musikern besetzte Ensemble Exxential Bach, dessen Mitglieder in der Alten Musik zu Hause sind, die höfisch bravouröse Ouvertüre in C-Dur BWV 1066. Die Orchesterstimmen sind hier traditionsgemäß einzeln besetzt. Björn O. Wiede leitete vom Cembalo aus das Orchesterwerk sowie die folgenden Kantaten. Von Beginn an wurde die Ouvertüre mit Verve beim Schopf gepackt. Sie konnte sich in federnd-schnellem Gang und einem aufgeschlossenen Tonfall entfalten. Ein schneidiger Streicherklang, weit gespannte Bögen, an denen das Ornament in Freiheit wächst, und eine Kultur des zupackenden lustvollen Musizierens waren zu hören.

Solistisch besetzt sind in diesem 13-köpfigen Kammermusikensemble auch die Chorpartien. In der St. Nikolaikirche wirkten die Sopranistin Anne Schneider, der Altus Yongbeom Kwon, Tenor Volker Nietzke sowie Bass Manuel Nickert mit. Alle vier sind ebenfalls mit der historisch informierten Aufführungspraxis vertraut. Musiziert wurden die für die Osterfeiertage komponierten Kantaten „Christ lag in Todesbanden“ BWV 4 sowie „Erfreut euch, ihr Herzen“ BWV 66, die vor 300 Jahren, am 10. April 1724, in Leipzig erstmals als Osterkantate gesungen wurde.

Das Klangbild in St. Nikolai war vor allem im instrumentalen Bereich sehr plastisch. Den Vokalisten fiel es dagegen schwerer, den großen und akustisch nicht einfach zu bändigenden Raum mit ihren Stimmen zu füllen, ausgenommen Anne Schneider, die über einen brillanten Sopran verfügt. Insgesamt wurde aber sehr konzentriert und artikulatorisch entschieden gesungen. Die Sängerin und die Sänger waren in der Gesamtszene gelungen integriert und bildeten eine weitgehend fein interagierende Größe. Björn O. Wiede war am Cembalo ein souveräner Sachwalter und führte das Ensemble sicher durch die Partituren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false