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33 Jahre Literaturladen. Buchhändler Carsten Wist und Büchnerpreisträgerin Terézia Mora in der Waschhaus-Arena.

© Peter Raddatz/PNN.

Ein Potsdamer Hans im Glück: Wie Buchhändler Carsten Wist sich im Waschhaus feiern ließ

André Herzberg, Norbert Leisegang, Terézia Mora: Viel Prominenz kam zum Jubiläum des Wist-Literaturladens in die Waschhaus-Arena. Rund 600 Menschen feierten mit.

Auf die in Anspielung auf den Bauschebart gestellte Frage, ob er denn nun endgültig im büstenfähigen Alter angekommen sei, antwortet Carsten Wist am Mittwochabend im Waschhaus: Ja, das würde ihm schon gefallen. Ob Bronze oder Gips, das lässt er offen. Wir befinden uns im zweiten Akt dessen, was der Buchhändler selbst ein „Drama in fünf Akten“ nennt: die große Geburtstagssause zum 33-jährigen Bestehen des Literaturladens Wist.

Carsten Wist, 66 Jahre alt und die Hälfte davon als Literaturhändler in Potsdam unterwegs, mag große Gesten. Daran spart er nicht, wenn es um die von ihm verehrten Literatur-Helden geht, und ebenso wenig, wenn es gilt, das selbst Geschaffte zu feiern. „Was aus uns geworden ist“ hatte er den Abend genannt, nach einem Roman von Pankow-Sänger André Herzberg. Den gleichnamigen Song singt Herzberg in Akt eins, zum Auftakt.

Was andere in anderthalb zahmen Stunden absolviert hätten, zelebriert Wist in vier vollen Stunden. Rund sechshundert Menschen sind gekommen, um diesen Mann zu feiern, der nicht nur Buchhändler ist, sondern, wie mehrfach im Publikum zu hören, eine Instanz. Nicht alle bleiben bis zum Ende. Aber das war ja schon bei dem von Wist so verehrten Frank Castorf so.

Fotos von Michael Lüder zeigen die Berühmtheiten, die Wist schon nach Potsdam gelockt hat, von Wolfgang Hilbig über Rio Reiser bis Toni Morrison und Tschingis Aitmatow. René Schwittay liest, was einst Christa Wolf über Wist und Co-Gründer Siegfried Ressel schrieb („zwei Hänse im Glück“). Ein Film lässt Prominenz (Andreas Dresen, Ralf-Günter Krolkiewicz) und Familie den Jubilar feiern. Autorin Terézia Mora ist nicht nur gekommen, um zu feiern, sondern um zu lesen (aus „Muna oder Die Hälfte des Lebens“). Wie auch Keimzeit-Sänger Norbert Leisegang. Der singt erst („Ich lese nicht, schon gar nicht Proust“), dann liest er auch (Proust). Und singt wieder.

Dass es Wist nie nur um Wist geht, sondern um die starken Stimmen in der Literatur, zeigte die Verleihung des „Kleinen Hei“ an Charlotte Gneuß im fünften Akt. Da ist es kurz vor 23 Uhr, die eine oder andere Länge im Programm überwunden, Gneuß liest aus „Gittersee“ - und das Publikum im Saal wagt kaum zu atmen. „Literatur lebt“ lautet das Wistsche Motto seit 33 Jahren. Hier war es in Reinform zu erleben.

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