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Bei der Performance „Forgotten Instruments“ von Maren Strack handelt es sich um eine Objektcollage der besonderen Art.

© Uwe Arens / Uwe Arens

Maren Strack im Kunsthaus Potsdam : Von tanzenden Autoreifen und vergessenen Instrumenten

In „Forgotten Instruments“ stellt die Performancekünstlerin Maren Strack das Verhältnis von Klang und Tanz in den Mittelpunkt. 

Von Alicia Rust

Eine Luftpumpe, die etwas verloren auf der Bühne herumsteht. Noch wartet sie auf ihre Bestimmung. Ein Haufen schlapper Autoreifen, als luftleerer Berg im Zentrum des Bühnenbilds. Links daneben – in gebührendem Abstand platziert – ein halbes Dutzend Orgelpfeifen. Wie Zinnsoldaten warten sie geduldig auf ihren Einsatz.

Auf der anderen Seite thront ein rund zwei Meter hohes Oval. Ein überdimensionierter Knopf wie ein visuelles Ausrufezeichen, unterstrichen durch die Signalfarbe Rot. Das Objekt steht auf Rollen. Somit ist die Bewegung schon vorprogrammiert. Ein Bühnenbild als Rätsel, das gelöst werden will. 

Lebendige Skulptur als Teil des Experiments

Die neue Performance von Maren Strack trägt nicht umsonst den Titel „Forgotten Instruments“. Zunächst wirkt alles wie abgestellt. Objekte, die scheinbar ohne erkennbaren Zusammenhang die Bühne bestücken. Ein Stillleben ohne Bestimmung. In den vergangenen drei Jahren hat Strack in Zusammenarbeit mit Johan Lorbeer drei abendfüllende Performances entwickelt: Ersatzteillager, Frauen am Herd, Sonate für Pumpen und Tüten. Das aktuelle Stück ist gewissermaßen als Fortsetzung zu verstehen.

Plötzlich kommt Bewegung in den Berg. Ein flüchtiger Moment des Innehaltens. Das Gebilde aus Reifen richtet sich auf. Schwerfällig beginnt das Latexwesen – handelt es sich um einen Astronauten oder um eine Rennfahrerin, immerhin trägt das Etwas einen Helm – zur Luftpumpe zu greifen. Der erste Reifen nimmt Form an, auf dem Rücken der in Brandenburg ansässigen Künstlerin. Eine lebendige Skulptur als Teil des Experiments. Sieben prall gefüllte Reifen unterschiedlichster Größen werden es im Laufe der Performance werden, in denen sich die Künstlerin verstrickt. Untermalt von den Tönen der Orgelpfeifen, vom Geräusch der Luftpumpe, vom Sound knirschender Latexschläuche.

Eine Objektcollage der besonderen Art

Im Zentrum von Stracks Performance, die im Laufe der Stunde an Fahrt aufnimmt, steht unverkennbar das Wechselspiel aus Klang und Tanz. Wie durch fein gewebte Fäden scheint alles miteinander verbunden. In dieser Melange aus Sound und Aktion droht die Performerin gelegentlich zum Opfer ihrer eigenen Inszenierung zu werden. Die zum Leben erwachte Skulptur hat sich endlich aus dem Konglomerat aus Gummireifen und Akustikkabeln befreit.

Nun steht sie da, Teil zwei der Performance, in einem weißen Hosenanzug, mit schwarzen Klettstreifen bestückt. Die Metamorphose einer Gummiraupe zum tanzenden Schmetterling, der das Publikum zeitweise mit einem flimmernden Spiegel blendet. Flirrende Lichter erfüllen den Raum, dazu die passenden Klänge.

Geräusche wie reißendes Papier, erzeugt von den mit Klettbändern errichteten Tanzschuhen. Der eiserne Helm ist inzwischen der offenen Haarpracht der Künstlerin gewichen. Nun ist sie augenscheinlich ganz Mensch. Eine steppende Madonna, die durch eine immer schneller werdende Schrittfolge auf einer Klettmatte ganz eigenwillige Geräusche erzeugt. Dadurch entsteht ein Rhythmus. Ein immer schneller werdender Beat.

So unterschiedlich die einzelnen Performances in ihrer Erzählform auch sein mögen, immer verhandelt die 55-jährige Künstlerin ein grundsätzliches Thema: Es geht um eine rhythmische, klangliche und choreographisch-musikalische Recherche. Zum Abschluss des zweiten Teils der Performance erleuchtet Maren Strack die inzwischen abgedunkelte Bühne als eine mit bunten Lichterketten bestückte Figur.

Schließlich kommt der rote Knopf zum Einsatz. Hinter ihm verschwindet die Künstlerin, nur ihre Arme erscheinen durch die Knopflöcher. Die Hände sind mit Scheren bestückt. Während sich Strack mit dem ovalen Knopf – einem Schutzschild gleich – durch den Raum bewegt, erzeugt das Schnippen ein mechanisches Geräusch, das die Ruhe im Raum zerschneidet.

Schnipp schnapp. Immer schneller. Auch hier wieder ein Rhythmus, der durch ein Echo in eine kleine akustische Sensation verwandelt wird. Eine beeindruckende Objektcollage. Durch einen Klang erzeugt, der noch eine Weile nachwirkt. Die vergessenen Instrumente haben ihre Bestimmung gefunden.

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