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Carsten Wist feiert am 22. November den 33. Geburtstag seines Buchladens. Der 30 musste wegen Corona ausfallen.

© Andreas Klaer

„Mit diesem Fest ziehe ich mich in die Zukunft“: Potsdamer Buchhändler Carsten Wist erklärt sein krummes Jubiläum

Am Mittwoch begeht der Buchhändler Carsten Wist ein ungewöhnliches Jubiläum: 33 Jahre Literaturladen. Er erklärt, warum er nicht warten wollte – und wer 2023 den Literaturpreis „Kleiner Hei“ erhält.

Herr Wist, Sie feiern einen ungewöhnlichen Geburtstag: ein Drittel Jahrhundert Literaturladen Wist. Warum das krumme Jubiläum?
Das ist sehr einfach zu erklären: Weil der runde Geburtstag wegen der Pandemie ausfallen musste. Da dachte ich: Vielleicht schaffe es ich es nicht bis zur 35, und 33 ist auch eine gute Zahl. Ich versuche mit zunehmendem Alter sowieso, die Geburtstage mehr zu feiern. Man weiß ja nicht, wie viel da noch kommt.

Sie hatten letztes Jahr im September einen lebensbedrohlichen Fahrradunfall. Inwiefern spielte das auch eine Rolle?
Das war eine schwere Erschütterung in mehrfacher Hinsicht. Und mit diesem Fest ziehe ich mich sozusagen in die Zukunft. Es stand nach dem Unfall die Frage im Raum, ob es weitergehen kann, und wie. Daher war es wichtig für mich, zu sehen, ob ich das noch kann und will. Die Feier ist ein Versprechen an mich selbst und die geneigte Leserschaft: Ja, ich bin noch da. Es geht weiter.

Die Literatur lebt. Wir sind die Schnittstelle zwischen denen, die die guten Bücher schreiben, und denen, die sich dafür interessieren. 

Carsten Wist, Buchhändler

Das Motto der Feier am 22. November lautet: „Was ist aus uns geworden?“ Ist aus dem Buchladen das geworden, was Sie sich bei der Eröffnung am 2. Juli 1990 erträumt haben?
Es ist ganz anders und viel, viel mehr. Es war ja eine studentische Schnapsidee. Dass es so erfolgreich werden würde, ist eine Sache – aber dass es so einen Spaß gemacht hat, ist die andere. Das Eis war immer dünn, aber trotzdem haben wir darauf getanzt. Unser geistiges Motto ist: Die Literatur lebt. Wir sind die Schnittstelle zwischen denen, die die guten Bücher schreiben, und denen, die sich dafür interessieren. Daher gab es von Anfang an Lesungen. Und dass die so gut funktionieren würden, dass wir so viele unserer Helden kennenlernen durften, hätten wir nie gedacht.

Wie wird das Fest in der Waschhaus-Arena aussehen?
Zuerst singt der Musiker André Herzberg sein Lied „Was ist aus uns geworden?“. Das ist die Ouvertüre. Dann wird es einen Film von Wolfgang Dümke über den Literaturladen geben. Die ganze Zeit sind Fotos von Michael Lüder zu sehen, der der Geschichte des Literaturladens von Anfang an ein Gesicht gegeben hat – von der ersten Lesung mit Klaus Schlesinger bis Valery Tscheplanowa. Therézia Mora stellt ihren neuen Roman vor, und dann singt Norbert Leisegang, der mal ein Lied mit dem Titel „Ich lese nicht, schon gar nicht Proust“ geschrieben hat, etwas von Proust. Zum Abschluss wird der „Kleine Hei“ verliehen.

Den ersten Literaturpreis erhielt 1993 Katja Oskamp. Wer erhält ihn 2023?
Charlotte Gneuß für „Gittersee“. Dass sich eine junge Frau heute wieder der DDR annähert, fand ich interessant. Sie hat sich extrem gefreut. Als sie die Liste der bisherigen Preisträger sah, von Julia Schoch über Lutz Seiler bis Julia Franck, sagte sie: „Wow. Toll, ich welcher Tradition ich da stehe.“

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