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Für Union endete das europäische Abenteuer am Donnerstag in Brüssel.

© Imago/Matthias Koch

Aus im Achtelfinale der Europa League: Der 1. FC Union zwischen Stolz und Frust

Fehlenden Einsatz kann man Union beim 0:3 gegen Saint-Gilloise nicht vorwerfen, doch der Wille allein reicht nicht. Nun müssen sich die Berliner in die Länderspielpause retten.

Genießen wollte man den Moment ja trotzdem. Als Christopher Trimmel eine halbe Stunde nach dem Abpfiff in den Katakomben des Anderlechter Stadions vor die Presse trat, waren die Sprechchöre der mitgereisten Fans noch klar zu vernehmen. Sie feierten ihren Trainer Urs Fischer, ihre Mannschaft, und natürlich auch sich selbst. Man hat beim 1. FC Union schließlich Schlimmeres erlebt, als ein 0:3 im Achtelfinale des Europapokals. 

So ganz schlechtreden wollte auch Trimmel das Ausscheiden in der Europa League am Donnerstag nicht „Für mich überwiegt trotzdem der Stolz, dass wir so weit gekommen sind“, sagte der Kapitän, und schloss sich damit dem Tenor seines Trainers an. Seine Mannschaft dürfe stolz sein, denn sie habe sich und den deutschen Fußball in der Europa League gut vertreten, sagte Fischer. 

Dennoch war der Frust nach diesem gebrauchten Abend in Brüssel kaum zu verbergen. Das Viertelfinale der Europa League zu verpassen, ist für den 1. FC Union Berlin natürlich kein Desaster. Die Art und Weise der Niederlage könnte trotzdem für ein paar schlaflose Nächte sorgen. Denn wie Fischer und Trimmel betonten, hat Union am Donnerstag eben nicht wie Union gespielt. 

Für mich überwiegt trotzdem der Stolz, dass wir so weit gekommen sind.

Christopher Trimmel, Kapitän des 1. FC Union

„Den Willen kann ich der Mannschaft nicht absprechen, aber am Schluss müssen wir als Mannschaft funktionieren“, sagte der Trainer am Donnerstagabend. Denn wo ein Wille ist, ist auf diesem Niveau eben nicht immer zwangsläufig ein Weg. Sinnbildlich dafür war vor allem Sheraldo Becker, der wie schon im Spiel gegen Ajax unermüdlich nach hinten gearbeitet hat und in der Schlussphase mit einem großartigen Sprint einen Ball vor der Linie klären konnte. Der Stürmer wollte unbedingt ins Viertelfinale. Aber der Wille allein reichte nicht aus. 

Auch Trimmel stellte frustriert fest, dass er und seine Mitspieler einfach „nicht als Mannschaft aufgetreten sind“. Und wie Fischer auf der Pressekonferenz betonte, gilt das nicht erst seit Donnerstag. Schon seit Wochen tut sich Union sowohl nach vorne als auch nach hinten schwer, und so langsam gefährdet das nicht nur den Traum von der Europa League. 

Die Probleme kennt man ja. Nach vorne hat Union Schwierigkeiten, sich Möglichkeiten zu erspielen und die gegnerische Abwehr unter Druck zu setzen. Der Ausnahmespieler Becker wird seit Wochen von jedem Gegner in Schach gehalten, und seine Kollegen finden keine Mittel, um ihn zu befreien. Dazu kommt es in den letzten Wochen immer häufiger zu teuren individuellen Fehlern. „Wenn du so einfache Ballverluste hast und den Gegner einlädst, kannst du dich nicht wundern, wenn du ein Spiel verlierst“, sagte Fischer. „Wir treffen Entscheidungen, die wir sonst so nicht treffen und sie werden entsprechend bestraft.”

Woran das liegt, ist eine andere Frage. Nach sechs Englischen Wochen in den letzten zwei Monaten fehlt es der Mannschaft verständlicherweise an Frische, doch daran wollte es Fischer am Donnerstag nicht festmachen. „Natürlich verlierst du Energie, wenn du jeden dritten Tag ein Spiel hast. Das wäre mir aber zu billig“, sagte er.

Womöglich aber gibt es auch andere Nebenwirkungen des vollen Terminkalenders. Solche Phasen hatte Union schließlich in den letzten Jahren immer, und nicht selten auch im Februar und März. Bisher sind sie aus diesen immer herausgekommen, indem sie wieder die grundsätzlichen Tugenden von defensiver Stabilität und taktischer Disziplin abriefen. 

Erst in diesem Jahr musste man aber in dieser Phase der Saison auch mit der Dreifachbelastung umgehen. Das hat nicht nur Energie gekostet, sondern auch die Integration der Winterneuzugänge erschwert. Aissa Laidouni, Josip Juranovic und Jerome Roussillon haben immer noch sehr wenig Zeit auf dem Trainingsplatz verbracht. Die von Fischer oft beschworenen Automatismen sind bei ihnen trotz guter Leistungen noch nicht da. 

Insofern kommt die Länderspielpause zu einem günstigen Zeitpunkt für Union. Wie schon nach dem Formtief im vergangenen Herbst hat man nach dem Bundesliga-Heimspiel am Sonntag (15.30 Uhr) gegen Eintracht Frankfurt die Möglichkeit, sich wieder aufzuraffen. Das muss auch gelingen, denn in den nächsten Wochen stehen erneut gegen die Hessen und bei Borussia Dortmund Spiele an, die für den Pokal und das Rennen um die Champions-League-Plätze entscheidend sein könnten. 

„Es gilt, diese Niederlage schnellstmöglich zu akzeptieren“, sagte Fischer. Denn auch nach dem Aus in der Europa League gibt es in dieser Saison noch genug, von dem man träumen darf. 

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