zum Hauptinhalt
Gegen Arsenal konnten die Bayern wieder zu alter Form zurückfinden.

© dpa/Tom Weller

FC Bayern vor Spiel gegen Madrid: Tuchel findet seine Ruhe inmitten der Störfeuer

Im Champions-League-Halbfinale treffen die Münchner am Dienstag auf Real Madrid. Wie sich die Mannschaft trotz aller Unruhen um Tuchel und Ehrenpräsident Uli Hoeneß darauf einstellt.

Manchmal, hat Thomas Tuchel neulich erzählt, wache er nachts auf und habe plötzlich diese Bilder vor Augen. Die von besonders bitteren Niederlagen, auch jenen, die weit in der Vergangenheit liegen.

Gut möglich, dass den Trainer des FC Bayern in diesen Tagen nicht nur das Champions-League-Hinspiel gegen Real Madrid an diesem Dienstag beschäftigt, sondern er sich schlaflos im Bett herumwälzt mit der Erinnerung an sein bisher letztes Aufeinandertreffen mit den Spaniern. An jenen Abend im Bernabéu-Stadion im April 2022, als er mit Chelsea gewonnen und doch verloren hat.

Seine Mannschaft, die im Jahr davor die Königlichen im Halbfinale ausgeschaltet hatte, dominierte den Gegner wieder, ja sie deklassierte ihn fast schon, führte 3:0 und hatte alles im Griff. Bis Madrid in den letzten zehn Minuten zwei Tore erzielte und weiterkam.

Dieses Real, auf das die Bayern an diesem Dienstag in der Münchner Arena treffen, unterscheidet sich nicht sehr von dem Real vor zwei Jahren, wie Tuchel feststellte. Man sehe es nicht kommen, dass im Strafraum gleich etwas passiere, sagt er. Die Madrilenen schießen Tore und kreieren Chancen aus dem Nichts.

Ein bisschen schaffen das seine Bayern in diesen Wochen ja auch. Gegen Arsenal zum Beispiel. In diesen beiden Spielen im Viertelfinale gegen die Londoner, sagt der Bayern-Spieler Leon Goretzka im Interview der vereinseigenen Homepage, sei „etwas entstanden“. Man habe es in der Kabine gespürt. „Das könnte der Anfang von etwas Großem sein.“ Und mittendrin ist Tuchel, als Teil der Geschichte.

Er wird ein Tor schießen.

Thomas Tuchel über Serge Gnabry

Der Erfolg in der Champions League hat auch ihn verändert. Nichts ist geblieben von dem ratlosen, an seinen Spielern fast schon verzweifelnden, sturen Trainer. Er wirkt für seine Verhältnisse gelöst. Die Mannschaft scheint festgestellt zu haben, dass es gar nicht so falsch ist, was dieser Tuchel erzählt. Dass er manchmal ganz gute Antworten auf knifflige Gegner-Taktiken hat. Und dass es mit Wembley als Ziel vor Augen vielleicht auch nicht ausschlaggebend ist, einen so empathischen Trainer wie einst Jupp Heynckes zu haben.

Und Tuchel hat wohl eingesehen, dass er mit seinem ewigen Klagen nicht weiterkommt. Gegen Real ist eine Reihe von Spielern angeschlagen, ob Matthjis de Ligt, Konrad Laimer, Jamal Musiala, Leroy Sané und Dayot Upamecano einsatzfähig sind, wird sich wohl erst am Spieltag entscheiden. Das nimmt er hin und sucht nach Lösungen, statt sich wie noch im Winter öffentlich über die Kaderplanung aufzuregen.

Wirkt irgendwie gelöster, lockerer: Bayern-Trainer Thomas Tuchel am Montag bei der Pressekonferenz vor dem Real-Knüller.

© imago/Eibner/IMAGO/Eibner-Pressefoto/Jenni Maul

Er sagt, Serge Gnabry werde nach seiner Muskelverletzung wieder spielen können – und „er wird ein Tor schießen“. Tuchel gibt den Spielern einen Plan an die Hand. Aber auch wenn nicht immer alles perfekt klappt, versucht er nun, eher das Positive herauszustellen, als das berühmte Haar in der Suppe zu suchen.

Für Tuchel ist das Thema mit Uli Hoeneß abgehakt

Ebenso die Störfeuer, für die Ehrenpräsident Uli Hoeneß gesorgt hatte, versucht er vor dem Spiel wegzumoderieren, sich nicht länger damit zu beschäftigen als nötig. „Sag ich nichts dazu“, ließ Tuchel mit einem Lächeln wissen. „Das Thema ist abgehakt.“

Sie haben sich nicht nur arrangiert, sondern doch noch gefunden, Tuchel und die Mannschaft. „Er hat sich auch ein Stück weit an die Mannschaft angepasst“, sagt Joshua Kimmich. Sie sind vereint, gemeinsam das große Ziel zu erreichen, Real Madrid auszuschalten und nach Wembley zu fliegen und dort wie 2013 den Henkelpott zu holen.

Ob dieses Miteinander auch funktionieren würde, wenn es weiterginge, ist eher fraglich. Die Schwierigkeiten sind ja nicht gelöst, sondern nur verdrängt, und so etwas klappt meistens nur über einen kürzeren Zeitraum. Dazu kommt, dass die Ideen von Verein und Tuchel, wenn man Hoeneß Glauben schenkt, nicht ganz kompatibel zu sein scheinen.

Die Fans sind da anderer Meinung. Die seit rund einer Woche laufende Petition, mit Tuchel am Saisonende doch weiterzumachen, hat mittlerweile mehr als 17.000 Unterstützer. Nicht alle finden Tuchel super, wie den Kommentaren zu entnehmen ist, aber besser jedenfalls als den möglichen Nachfolger, Ralf Rangnick, auf dessen Zusage die Bayern warten.

Der soll laut Kicker ohnehin irritiert sein, angesichts der Aussage von Uli Hoeneß, er sei nur dritte Wahl bei der Trainersuche. Ob in den nächsten Tagen noch viele Unterschriften dazukommen, hängt wohl auch vom Erfolg der Mannschaft mit Tuchel ab. Vom Ergebnis gegen Real Madrid.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false