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Die Lokführergewerkschaft GDL will die Deutsche Bahn erneut bestreiken.

© dpa/Jan Woitas

Update

Ein Milliardenschaden droht: GDL ruft zum nächsten Bahn-Streik auf – für sechs Tage

Für die Lokführergewerkschaft ist auch das dritte Tarifangebot der Deutschen Bahn inakzeptabel. Schon ab Mittwoch sollen die Züge wieder stillstehen. Der Wirtschaft droht ein Milliardenschaden.

| Update:

Der von der Lokführergewerkschaft GDL angekündigte längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn kommt der heimischen Wirtschaft nach Prognose von Ökonomen teuer zu stehen.

„Ein eintägiger bundesweiter Bahnstreik kostet etwa 100 Millionen Euro am Tag an Wirtschaftsleistung“, sagte der Konjunkturchef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), Michael Grömling, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.

Bei der nun angekündigten Streikdauer von sechs Tagen würden die Kosten nicht mehr linear steigen, sondern sich teils multiplizieren. „Wir sind da schnell bei einer Milliarde Euro Schaden“, sagte Grömling.

Wirtschaftsverkehr ohnehin schon eingeschränkt

Dazu trage bei, dass es auf anderen Verkehrswegen derzeit ebenfalls nicht rund laufe. „Auch im Schiffsverkehr staut sich etwas auf“, sagte der Ökonom mit Blick auf die Situation im Roten Meer, wo es nach wiederholten Angriffen der Huthi-Milizen zur Umleitung von Containerschiffen über die deutlich längere Strecke über das Kap der Guten Hoffnung kommt. Die Folge seien erhebliche Zeitverzögerungen und Probleme in den Häfen.

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„Die Folge werden gestörte Lieferketten und erhöhte Unsicherheit sein.“ Die deutsche Wirtschaft befinde sich bereits in einer Rezession. „Die droht sich nun zu verschärfen“, sagte der IW-Konjunkturchef. Die Deutsche Bahn steht trotz eines verbesserten Tarif-Angebots vor dem längsten Streik ihrer Geschichte. 

GDL will ab Mittwoch Streik im Personenverkehr starten

Die Lokführergewerkschaft GDL hat die Beschäftigten der Deutschen Bahn zum nächsten Streik aufgerufen. Dieser werde im Personenverkehr am frühen Mittwochmorgen um 2.00 Uhr beginnen und bis Montag kommender Woche, 18.00 Uhr, andauern, teilte die Gewerkschaft in der Nacht zu Montag mit.

Die Gewerkschaftsmitglieder bei der für Güterverkehr zuständigen DB Cargo sind bereits ab Dienstag, 18.00 Uhr, zum Streik aufgerufen. Für Pendlerinnen und Pendler stehen damit erneut schwierige Tage mit absehbar Tausenden Zugausfällen bevor.

Kanzler Scholz hofft auf schnelle Einigung im Tarifstreit

Bundeskanzler Olaf Scholz hofft angesichts des neuerlichen Streiks der Lokführergewerkschaft GDL auf eine zügige Beilegung des Konfliktes. Scholz wisse um die Tarifautonomie in Deutschland – das sei Sache der Tarifparteien, sagte ein Regierungssprecher am Montag in Berlin.

„Als Bundeskanzler wünscht er sich natürlich konstruktive und schnelle Gespräche, auf dass die Tarifauseinandersetzungen nach Möglichkeiten in ihren Auswirkungen beschränkt bleiben für die Öffentlichkeit.“ Der Aufruf, sich gütlich zu einigen, bleibe bestehen. Der Kanzler werde sich in die Auseinandersetzung zum jetzigen Zeitpunkt nicht einmischen. 

GDL lehnt drittes Angebot der DB ab

Erst am Freitag hatte die Deutsche Bahn ein neues Tarifangebot vorgelegt, um die GDL wieder an den Verhandlungstisch zu holen. Darin ist unter anderem auch eine Option zu einer Stunde weniger Arbeitszeit für Lokführer und Zugbegleiter ab dem 1. Januar 2026 enthalten.

Für neue Verhandlungen reichte dies aber offenbar nicht aus. „Mit dem dritten und angeblich verbesserten Angebot hat die Deutsche Bahn AG erneut gezeigt, dass sie ihren bisherige Verweigerungs- und Konfrontationskurs unverdrossen weiterverfolgt – von Einigungswillen keine Spur“, hieß es in der GDL-Mitteilung.

Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), verteidigt den angekündigten Streik.
Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), verteidigt den angekündigten Streik.

© dpa/Christoph Soeder

Der Chef der GDL, Claus Weselsky, hat den sechstägigen Streik bei der Deutschen Bahn verteidigt. Die Arbeitgeber seien der Gewerkschaft mit ihrem jüngsten Angebot nicht entgegengekommen, sagte Weselsky am Montag in Berlin. „Wir können lesen. Wir wissen, was dort geschrieben steht. Und es ist keine Verhandlungsgrundlage zum Einstieg in einen Verhandlungstermin mit der DB.“

Bahn möchte nicht vor Gericht ziehen

Die Deutsche Bahn will nach eigenen Angaben gegen den angekündigten Lokführerstreik ab Mittwoch dieses Mal nicht gerichtlich vorgehen. „Die DB wird gegen den sechstägigen GDL-Streik keine Rechtsmittel einlegen“, teilte das Unternehmen am Montag mit. „Eine einstweilige Verfügung zu erwirken, ist nach rechtlicher Prüfung aktuell nicht geplant.“ 

Wissing hat für GDL-Streik „null Verständnis“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat mit scharfer Kritik auf die Streikankündigung der Lokführergewerkschaft GDL reagiert. „Ich habe null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung“, sagte der FDP-Politiker am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“.

Seiner Meinung nach nimmt der Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL zunehmend destruktive Züge an. „Ich glaube auch nicht, dass Herr Weselsky sich und seiner Gewerkschaft mit diesem Stil einen Gefallen tut“, fügte Wissing mit Bezug auf den GDL-Vorsitzenden hinzu.

Deutsche Bahn reagiert verständnislos auf GDL-Streik

Die Bahn verteidigte am Montagmorgen ihr Angebot an die GDL. „Die DB setzt auf Kompromisse, die GDL verschärft maßlos den Konflikt“, teilte ein Sprecher mit. Wer bei einem neuen Angebot noch nicht einmal an den Verhandlungstisch komme, der handle „absolut unverantwortlich“.

DB-Personalvorstand Martin Seiler kritisierte am Freitag, dass die GDL Streiks nicht als letztes Mittel einsetze, sondern als Mittel der Selbstinszenierung.

Der nun angekündigte Arbeitskampf wäre der vierte im laufenden Tarifkonflikt. Vor dem Jahreswechsel legte die GDL bei zwei Warnstreiks große Teile des Personenverkehrs lahm, im Januar folgte dann ein dreitägiger Streik mit ähnlicher Wirkung.

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Was beinhaltet das neue Angebot der Bahn?

Das am Freitag präsentierte Angebot der Bahn sieht 4,8 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten ab August und weitere 5 Prozent mehr ab April 2025 vor.

Zudem ist die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie gleich nach einem möglichen Tarifabschluss vorgesehen. Die Laufzeit soll dem DB-Angebot zufolge bei 32 Monaten liegen.

Lokführern und Zugbegleitern bietet die Bahn darüber hinaus an, ab dem 1. Januar 2026 die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt von 38 auf 37 Stunden zu reduzieren.

Wer sich gegen die Absenkung entscheidet, bekommt gemäß dem Angebot stattdessen 2,7 Prozent mehr Geld. In Summe erhielten die Beschäftigten, die bei der aktuellen Arbeitszeit bleiben, mit dem Angebot brutto 13 Prozent mehr Geld als jetzt.

Arbeitszeitreduzierung für Schichtarbeiter bleibt Knackpunkt

Die GDL fordert 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei zwölf Monaten Laufzeit.

Viel wichtiger ist der Gewerkschaft den öffentlichen Aussagen zufolge aber eine Arbeitszeitreduzierung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich.

Die Forderung hält die Bahn in diesem Umfang für unerfüllbar, auch weil dann zu viel neues Personal gebraucht werde. Schon jetzt gibt es bei Lokführern und auch in anderen Bahnberufen einen Fachkräftemangel.

Der Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der GDL läuft seit Anfang November. Die GDL erklärte die Gespräche bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde für gescheitert. Seit dem 24. November wurde daher nicht mehr verhandelt. Nach einer Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern sind auch unbefristete Streiks möglich. (dpa)

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