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Herbert Diess.

© Hannibal Hanschke, REUTERS

Herbert Diess geht, Oliver Blume kommt: VW fährt in dieselbe Richtung weiter, aber der Chauffeur wird netter

Mit dem überraschenden Chefwechsel bei Volkswagen wird weniger die Strategie als die Führungskultur im Konzern verändert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Henrik Mortsiefer

Auch Elon Musk hat den plötzlichen Abgang von Herbert Diess bei Volkswagen kommentiert. Der Tesla-Chef tat es in gewohnt schräger Weise (und teils auf deutsch) bei Twitter: „Schadenfreude oder Schatzifreude?” – „Gehalt und Gestalt”. Von einem Twitterer gefragt, was ihm zu Diess’ Ablösung am Freitagabend einfalle, antwortet Musk am Sonntag: „Software is the key to the future:“ Software ist der Schlüssel zur Zukunft.

Ausgerechnet Musk ist Diess' Vorbild

Die Statements stammen von dem wichtigsten Wettbewerber des VW-Konzerns und dem Mann, den Diess als eine Art Vorbild sieht für Innovationskraft, Umsetzungstempo und Effizienz. Seltsam genug, dass ein deutscher Manager so offen Bewunderung für seinen ärgsten Widersacher zeigte, aber bei Diess wird im Lichte der Ereignisse noch etwas anderes deutlich. Dass sich der VW-Chef ausgerechnet vom egomanen, autoritär-anarchischen Musk inspirieren lässt, wirft auch ein Licht auf seine größte eigene Schwäche: die Defizite als Teamspieler, Motivator und Führungspersönlichkeit.

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So zumindest dringt es seit langem schon aus unterschiedlichen Richtungen aus dem VW-Konzern. Diess ist insofern auch an sich selbst gescheitert. Denn die Annahme, der riesige Volkswagen- Konzern mit fast 700 000 Beschäftigten weltweit könne wie ein Start-up geführt und das Management mit Provokationen und Konfrontation auf Trab gebracht werden, ist vermessen. Am Ende riss auch den lange geduldigen Eigentümerfamilien Porsche und Piech der Geduldsfaden.

Mit dem moderaten Porsche-Chef Oliver Blume, der im September auf Diess folgt, soll sich nun also auch die Führungskultur ändern. Das kann gelingen. Blume hat den Ruf, ein Integrierer und entscheidungsstark zu sein. Und er hat die volle Rückendeckung der Familien und des Großaktionärs Niedersachsen. Das System Volkswagen muss sich einmal mehr stabilisieren.

Oliver Blume.

© Andreas Gebert, REUTERS

Die großen strategischen Verdienste von Herbert Diess werden bleiben – und Blume wird auf dem aufbauen können, was sein Vorgänger hinterlässt: Trotz seiner enormen Größe und Komplexität hat der zweitgrößte Autobauer der Welt in relativ kurzer Zeit mit Diess am Steuer die Richtung geändert: hin zum Softwareentwickler, Batteriezellenhersteller, Mobilitätsdienstleister.

Damit sind freilich auch die größten, milliardenschweren Baustellen angesprochen, auf denen Oliver Blume Fortschritte präsentieren muss. Auch als prominente Stimme in der politischen Debatte über die Verkehrswende wird er gefragt sein. Herbert Diess war hier öffentlich sehr präsent, streitbar und engagiert. Es wäre schade und ein Fehler, wenn der neue VW-Chef diesen Diskurs abreißen lassen würde.

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