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Großer Kurier (Heliconius melpomene), ein tropischer Schmetterling

© Carolin Bleese / LMU München

Aufeinander fliegen: Das Gen, das attraktiv macht

„Rote Lippen soll man küssen“, tönte einst ein Schlager. Aber was macht begehrenswert und löst Balzverhalten aus? Die Forschung hat jetzt eine Antwort gefunden – bei Schmetterlingen.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Bei einem Besuch in Paris, der Stadt der Liebe, lässt sich neben Museen-Marathon und Eiffelturmbesteigung eine Shopping-Tour durch die Galerie Lafayette nicht vermeiden. Vom exklusiven Lippenstift bis zur diamantbesetzten Uhr findet sich hier, an den Ständen von Dior bis Lancôme, alles, womit sich Aufmerksamkeit bei Artgenossen heischen lässt. Ein Milliarden-Markt, der sich einzig und allein um ein tief in der Biologie verankertes Bedürfnis dreht: um Attraktivität, den Drang, seinem (künftigen) Partner zu gefallen.

Was als attraktiv empfunden wird, ist im Tierreich bunt durchmischt. Während Pfauen auf blau leuchtende Räder stehen, wirken Frösche eher durch virtuoses Quaken attraktiv. Bei tropischen Schmetterlingen wiederum sind es farbige Muster auf den Flügeln, beim Großen Kurier Heliconius melpomene etwa ein knallrotes Band auf dem Vorderflügel.

Was „schön“ ist, bestimmt ein Gen

Aber warum, fragten sich Forscher? Was veranlasst männliche Heliconius-Schmetterlinge, ausgerechnet solche Weibchen attraktiv zu empfinden, die ein möglichst ähnlich rot leuchtendes Muster auf dem Flügel haben wie sie selbst? Offenbar liegt es an einem einzigen Gen, fand jetzt ein Team um den Evolutionsbiologen Richard Merrill von der Ludwig-Maximilians-Universität München heraus.

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Demnach flüstert „regucalcin1“ dem Großen Kurier ein, dass er auf dieses Rot, auf dieses Weibchen fliegen soll. Damit sei es zum ersten Mal gelungen, ein Gen zu identifizieren, das Verhalten bei der Partnerwahl beeinflusst, schreiben die Forschenden in der aktuellen Titelgeschichte des Fachmagazins „Science“. Denn fehlt das Gen, ist das Balzverhalten gestört.

Was genau regucalcin1 in den Schmetterlingen tut, muss noch untersucht werden. Klar ist nur: Das Gen ist in den Augen und dem Gehirn der Falter aktiv und beeinflusst dort wohl die Übertragung von Signalen zwischen den Nervenzellen.

Zweifellos hat auch Homo sapiens Gene, die das Gehirn von der Attraktivität rot geschminkter Lippen oder schnittiger Maßanzüge überzeugen und mehr oder weniger humanoides Balzverhalten auslösen. Ob der teure Tand allerdings lohnt und das Interesse auf die wirklich wesentlichen Merkmale lenkt, die menschliche Paare am Ende glücklich machen, mag jeder selbst entscheiden.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

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