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Russland wollte zum Mond.

© imago/ITAR-TASS/Sergei Savostyanov

Nach dem Absturz von „Luna 25“: Ein russischer Traum ist zerschellt

Nach fast 50 Jahren wollte Russland mit der Sonde auf den Mond zurückkehren. Doch jetzt wird die Mission zu einem Symbol für die Probleme der russischen Raumfahrt

Einen Tag nach dem Scheitern der Mondmission „Luna 25“ ist die Ratlosigkeit der russischen Weltraumexperten groß. „Das hat natürlich alles Folgen, aber welche, das weiß im Augenblick niemand“, sagte Lew Seleny, der wissenschaftliche Leiter des Mondprogramms, der Online-Blattform „Podjom“. Und mit Blick auf die nächsten Projekte fügte er hinzu: „Ich weiß nur, was auf dem Papier steht.“

„Luna 25“ war am 11. August von dem neuen russischen Weltraumbahnhof Wostotschny gestartet und sollte die Südpolregion des Mondes erkunden. Doch am Sonnabend gegen 15 Uhr Moskauer Zeit brach die Verbindung ab. „Alle Maßnahmen zur Suche des Apparates und die Kontaktaufnahme mit ihm blieben erfolglos“, teilte die russische Weltraumagentur Roskosmos am Sonntag mit.

Der erste Mensch im Weltraum war der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin.
Der erste Mensch im Weltraum war der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin.

© imago images/ITAR-TASS

Sie geht davon aus, dass „Luna 25“ auf der Mondoberfläche zerschellt ist. Vom Absturz selbst gibt es jedoch keinerlei telemetrischen Daten. Die Folgen sind weitreichend. Da die genaue Ursache sich wohl nicht aufklären lässt, würden die nächsten Missionen des russischen Mondprogramms riskanter, sagte der Chef des russischen Instituts für Kosmospolitik, Iwan Moisejew, der Onlinezeitung „gazeta.ru“. Er geht davon aus, dass sich ein Triebwerk zur Kurskorrektur nicht rechtzeitig abgeschaltet habe.

Roskosmos wollte ein Signal des Aufbruchs setzen

Die Mission „Luna 25“ sollte zu einem Signal werden: Russland ist zurück im Rennen um die Erforschung des Mondes und die künftige Erschließung der dortigen Rohstoffe. Seit dem Zerfall der Sowjetunion hatte es keinen erfolgreichen russischen Versuch gegeben, auf den benachbarten Himmelskörpern zu landen. Die Projekte „Mars 96“ (1996) und „Phobos-Grunt“ (2011) Richtung Mars waren Fehlschläge.

Auf dem Mond war zuletzt „Luna 24“ gelandet, hatte Bodenproben genommen und war mit knapp 200 Gramm Gestein zur Erde zurückgekehrt. Man schrieb das Jahr 1976. Das Nachfolgemodell sollte nun der erste Schritt eines ambitionierten Programms werden. „Bis 2030 werden wir technologisch in der Lage sein, russische Kosmonauten auf den Mond zu bringen“, hatte Roskosmos-Chef Juri Borissow im vergangenen Jahr erklärt.

Mit der „Luna-25“ wollte Russland unter anderem zeigen, dass sie auch ohne westliche Zusammenarbeit ins All kommen.
Mit der „Luna-25“ wollte Russland unter anderem zeigen, dass sie auch ohne westliche Zusammenarbeit ins All kommen.

© imago/ITAR-TASS/Roscosmos Press Office

Experten hielten das schon damals für zu optimistisch, nachdem die einst führende russische Raumfahrt nach Jahren der chronischen Unterfinanzierung, heftigen Korruptionsvorwürfen gegen Top-Manager, der Insolvenz einer Reihe von Zulieferfirmen und dem Rückzug internationaler Kooperationspartner im Vergleich mit den Konkurrenten USA und China erkennbar in Rückstand geraten war.

„Luna 25“ stand symbolisch für die vielen Probleme, die Roskosmos lähmen. Die Arbeit an dem Projekt hatte bereits 1997 begonnen, doch immer wieder wurde es auf Eis gelegt. Ein für 2015 geplanter Start musste siebenmal verschoben werden. Im Jahr zuvor hatte Russland mit der Annexion der Halbinsel Krim und die Kämpfe der Ostukraine seinen offenen Krieg gegen die Ukraine begonnen. Schon die erste Welle der Sanktionen des Westens betraf auch die Hochtechnologie.

Westliche Technologie fällt unter das Sanktionsregime

Die USA lieferten ein Bauteil nicht mehr aus, das für die Steuerung einer weichen Landung auf dem Mond nötig ist. Erst Anfang der 2020-er Jahre gelang es russischen Ingenieuren, dieses Teil nachzubauen. Die europäische Weltraumagentur Esa stellte ihre Kooperation für die Luna-Missionen dann im Frühjahr vergangenen Jahres ein, nachdem Präsident Wladimir Putin den Einmarsch in die Ukraine befohlen hatte. Für Luna 25 hatte die Esa die Navigationskamera Pilot-D entwickelt. Ob das Fehlen westlicher Technologien gerade für die Landesysteme ursächlich für den Absturz ist, wird sich nicht eindeutig klären lassen.

Möglicherweise spielt aber auch leichtfertige Eile hinein. Die Raumfahrt spielt für die russische Führung eine zentrale Rolle, um sich als Weltmacht im Technologiebereich zu präsentieren. Also sollte „Luna 25“ unbedingt eine Premiere liefern: die erste Landung an dem schwer zu erreichenden Südpol des Mondes. Diese prestigeträchtige Meldung könnte nun aus Indien kommen. Am Mittwoch soll die Sonde „Chandrayaan 3“ in dieser Region landen.

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