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Wenn ein Betrieb schließt, gehen Wertschöpfung und Arbeitsplätze verloren.

© IMAGO/Rolf Poss

Umfrage der Commerzbank: Vielen Berliner Unternehmen fehlt ohne neuen Inhaber die Perspektive

Die Commerzbank hat Unternehmer in Berlin gefragt, was sie machen würden, wenn sie keinen Nachfolger finden. Das Ergebnis hat die Banker aufgeschreckt.

Die größten Sorgen Berliner Unternehmer sind Fachkräftemangel, Inflation, dringende Investitionen und wegbrechende Märkte. Das Thema „Fortbestand des Unternehmens“ liegt ganz am Ende der Skala, nur sechs Prozent der Berliner Kleinunternehmer und Mittelständler machen sich ernsthaft Gedanken darüber. Im Bundesdurchschnitt sind es immerhin zwölf Prozent.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage, der „10. Unternehmerkunden-Studie im Auftrag der Commerzbank“, die am Dienstag vorgestellt wurde. Für die Commerzbanker sind vor allem die Umfragedaten zur Unternehmensnachfolge alarmierend. Dass das Thema bei vielen Firmenchefs relativ weit hinten rangiert, hat offenbar auch mit Verdrängung zu tun.

Denn mehr als jedes fünfte der 60 befragten Unternehmen – vor allem Handwerksbetriebe, Dienstleister und Selbstständige bis zu einem Jahresumsatz von 15 Millionen Euro – erklärte, dass die Nachfolgefrage aktuell durchaus relevant sei. Die anderen Probleme sind im Geschäftsalltag aber eben noch relevanter.

34
Prozent der Unternehmer beschäftigen sich gar nicht mit dem Thema Nachfolge

„Die Ergebnisse bestärken uns darin, dass die Regelung der Nachfolge ein wichtiger Bestandteil unserer Beratung ist“, sagte Heike Hofmann-Lauer, bei der Commerzbank für Unternehmenskunden im Südteil Berlins zuständig. Allerdings nehmen bislang nur zehn Prozent der Unternehmer das Angebot ihrer Hausbank wahr.

Die meisten Berliner Geschäftsinhaber, 83 Prozent, verlassen sich bei der Nachfolgefrage auf ihr eigenes Netzwerk, sprechen gezielt „potenzielle Kandidaten“ an, bundesweit ist das nur bei 48 Prozent der Fall. Online-Plattformen oder fremde Netzwerke nutzen in Berlin 50 Prozent der Unternehmer (bundesweit: 11 Prozent), von IHK oder Handwerkskammer lässt sich in Berlin der Umfrage zufolge niemand beraten. Ein überraschendes Ergebnis, bundesweit sind es immerhin 21 Prozent, die sich an IHK oder die Kammer wenden.

Wären wir früher eingebunden, könnten wir noch mehr helfen, wir haben ein Netzwerk und sitzen an der Quelle zum Geld.

Daniela Rubbert-Göhner, Gebietsleiterin für die Commerzbank-Kunden im Norden der Stadt.

Sollte sich trotz aktiver Suche kein Nachfolger finden, würden 42 Prozent der Berliner Unternehmer ihren Betrieb schließen, das wäre fatal für die Wertschöpfung in der Stadt und den Arbeitsmarkt.

Die Commerzbank rät deshalb, sich früh mit dem Thema zu beschäftigen und auch die Hausbank einzuschalten. „Wären wir früher eingebunden, könnten wir noch mehr helfen. Wir haben ein Netzwerk und sitzen an der Quelle zum Geld“, erklärte Daniela Rubbert-Göhner, Gebietsleiterin für die Unternehmenskunden im Norden der Stadt.

Im Fall der Elektrofirma Komke aus Berlin-Lichterfelde hat das mit der Nachfolge sehr gut geklappt, obwohl die Hausbank erst ins Spiel kam, als der Chef sich seinen Nachfolger schon gesichert hatte: Fabian Grünberger. Der saß am Dienstag mit am Tisch der Commerzbank-Vertretung am Lützowplatz, um ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern.

Grünberger, 35, gebürtiger Berliner, hatte schon seit 2010 als Elektriker im Unternehmen gearbeitet und ab 2015 seinen Meister gemacht. Da habe er sich noch gar nicht vorstellen können, das Geschäft mal zu übernehmen. Als der Chef ihn dann fragte, ob er dazu bereit wäre, habe er spontan Ja gesagt.

Daniela Rubbert-Göhner (l.) und Heike Hofmann-Lauer von der Commerzbank mit Unternehmer Fabian Grünberger.

© TSP/Thomas Loy

Von diesem Gespräch bis zur tatsächlichen Übernahme habe es nur ein Dreivierteljahr gedauert, erzählte Grünberger. Die Commerzbank rechnet für den Prozess einer Nachfolgeregelung mit durchschnittlich fünf Jahren. Bei Komke – einem alteingesessenen Installationsbetrieb mit angeschlossenem Lampenladen und Reparaturservice – wurden Steuerberater, Hausbank und Bürgschaftsbank ins Boot geholt. Grünberger hatte kein Eigenkapital, aber ein gutes Konzept und einen überzeugenden Auftritt.

Alter und neuer Chef hatten sich zuvor auf einen Kaufpreis geeinigt – auch das oft ein sensibles Thema, bei dem die Hausbank unterstützen und vermitteln könne, sagte Rubbert-Göhne. Seit gut einem Jahr ist Grünberger nun Inhaber und Geschäftsführer eines Betriebs mit 15 Mitarbeitern. „Bis jetzt läuft alles gut.“

Die Gründe, warum man sich mit dem Thema Unternehmensnachfolge befasst, sind vielfältig. 42 Prozent der Befragten erklärten, sie würden sich bei einem „veränderten Gesundheitszustand“ mit der Frage beschäftigen, 30 Prozent wegen des „fortschreitenden Alters“, 16 Prozent wegen der familiären Situation. Nur acht Prozent können sich vorstellen, wegen des Fachkräftemangels aufzuhören. 34 Prozent sagten, die Nachfolge im Unternehmen sei generell kein Thema für sie.

22 Prozent der Unternehmer sagten, sie würden gerne an einen externen Nachfolger übergeben, 14 Prozent würden lieber verkaufen, zwölf Prozent würden den Betrieb innerhalb der Familie weitergeben. Bundesweit bevorzugen dagegen 22 Prozent eine Lösung innerhalb der Familie. Die eigenen Kinder auf eine Nachfolge vorzubereiten, sei gerade in Berlin immer weniger üblich, sagte dazu Rubbert-Göhne.

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