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Ein geschlossenes Geschäft auf dem Kurfürstendamm. Der Handel hat mit den Auswirkungen mehrerer Krisen zu kämpfen.

© imago/IPON

Trübe Aussichten: Berliner Unternehmen erwarten weiteren Abschwung

Hohe Kosten und schlechte Konsumstimmung setzen die Wirtschaft in der Region unter Druck. Die Herbstumfrage der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg zeigt pessimistische Erwartungen.

Trübe Aussichten für die Wirtschaft in Berlin und Brandenburg. Die Unternehmen in der Region sind besorgt, dass sie das Konjunkturtal auch in den kommenden Wintermonaten nicht verlassen können. Mehr als die Hälfte der Branchen erwartet eine Verschlechterung ihrer Lage in den nächsten sechs Monaten. Das geht aus der Herbstumfrage der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) hervor, für die Firmen der 60 UVB-Mitgliedsverbände befragt wurden.  

„Die Betriebe haben es mit einer Fülle von Krisen zu tun. Kaum eine Branche sieht echte Lichtblicke“, sagt UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp. Bereits jetzt bezeichnen demnach 20 Prozent der Wirtschaftszweige die aktuelle Situation als „schlecht“, weitere 27 Prozent als „eher schlecht“.  Es gebe keine Branche, die nicht von der Rezession betroffen sei. Besonders pessimistisch sind die Erwartungen bei industriellen Unternehmen, etwa in der Chemie- und Pharmaindustrie oder im kunststoffverarbeitenden Gewerbe.  

Kaum eine Branche sieht echte Lichtblicke.

Alexander Schirp, UVB-Hauptgeschäftsführer

Allein einige der Bauwirtschaft nahestehenden Gewerke gaben an, momentan noch zufrieden zu sein mit der Auftragslage, etwa Maler, Lackierer, Elektriker sowie Klempner und Heizungsbauer. Allerdings gehe man auch hier für die nahe Zukunft von zunehmend schwierigeren Zeiten aus, meint Schirp.  

Steuerberatern geht es gut

Die Gesundheitswirtschaft bewertet die aktuelle Lage der Umfrage zufolge als „eher schlecht“ oder „schlecht“ und erwartet für das kommende halbe Jahr weitere Einbußen. Das gilt auch für den Bereich Verkehr und Logistik. Als „mittelmäßig“ bezeichnen hingegen Start-ups des Dienstleistungssektors und die Versicherungswirtschaft ihre Aussichten. Eine Ausnahme bilden die Steuerberater:innen, die ihre momentane Situation als „gut“ bis „sehr gut“ bewerten und von den kommenden sechs Monaten „mittelmäßige“ Ergebnisse erwarten. 

40
Prozent der Unternehmen erwarten weniger Investitionen.

Insgesamt erwarten die Unternehmen in naher Zukunft weniger Aufträge, 62 Prozent der Befragten äußerten sich pessimistisch. Das schlägt sich auch in den geplanten Investitionen nieder: 40 Prozent der Betriebe erwarten weniger Investitionen, 57 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Entwicklung aus, nur drei Prozent erwarten höhere Investitionen. 

Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB).
Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB).

© UVB 2023/Wagenzik

Bezüglich der Beschäftigungssituation erwarten die Geschäftsleute jedoch mehrheitlich keine Veränderung. Das liege daran, erläuterte Schirp, dass in diesem Bereich mehrere Problemlagen einander überlagerten. Soll heißen: Die Arbeitgeber haben nicht nur mit geringeren Umsätzen und höheren Kosten zu kämpfen, sondern auch mit dem Fachkräftemangel. Arbeitslosigkeit droht daher nicht, sondern im Gegenteil kommt der Mangel an Arbeitskräften erschwerend hinzu. 

Mehrere Krisen gleichzeitig

„Der Arbeitsmarkt hat sich komplett verändert“, sagt auch Wolfgang Kampmeier, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. Ausgebildete Kaufleute zum Beispiel seien heute auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt.

Dem Einzelhandel in der Region gehe es nicht gut: „Der leichte Rückgang der Inflation wirkt sich noch nicht auf das Kaufverhalten aus.“ Viele Unternehmen der Branche hätten noch immer mit den Nachwirkungen der Coronapandemie zu kämpfen. Die hohen Energiepreise und weitere Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine kämen erschwerend hinzu. 

Weil Verbraucher:innen sparen, seien die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel niedrig. Günstige Eigenmarken würden weiterhin bevorzugt gekauft, sagt Kampmeier. Dennoch sei auch erkennbar, dass die Nachfrage nach den vergleichsweise teuren Bioprodukten, die mit Beginn der Inflation eingebrochen war, inzwischen wieder steige. 

Unter dem Strich erwarten die UVB für Berlin im aktuellen Jahr ein stagnierendes Wirtschaftswachstum. Für das 2024 erwarten die UVB bei allem Pessimismus jedoch immerhin ein Wachstum von einem Prozent. Für die brandenburgische Wirtschaft gehen sie für 2023 von drei Prozent Wachstum aus und im nächsten Jahr von einem Prozent. 

Krieg schlägt auf die Stimmung

Das triste Bild entspricht der Lage in Gesamtdeutschland. Der aktuelle Konsumbarometer, den Forschende des Handelsblatt Research Institutes (HDI) monatlich im Auftrag des Handelsverbandes Deutschland (HDE) erstellen, konstatierte Anfang November eine getrübte Verbraucherstimmung.

In den Sommermonaten gab es demnach eine leichte Verbesserung. Doch die Stimmung ist seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Beginn der israelischen Offensive wieder eingebrochen. Auch die Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung der Konjunktur seien gedämpft, stellen die Forschenden fest, was zu einer „gewissen Kaufzurückhaltung“ führe. 

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