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45. Christopher Street Day Parade 2023 unter dem Motto „Be their voice - and ours ...für mehr Empathie und Solidarität“.

© IMAGO/Future Image

„Nichts Außergewöhnliches“: 84 Strafanzeigen bei Berliner CSD – insgesamt friedlicher Verlauf

Hunderttausenden waren beim Berliner CSD am Samstag durch die Stadt marschiert. Organisatoren und Polizei sind zufrieden – trotz vereinzelter Auffälligkeiten.

Bunt, laut und friedlich: Beim Christopher Street Day (CSD) waren am Samstag in Berlin hunderttausende Menschen auf den Straßen. Der Demonstrationszug mit gut 75 Fahrzeugen und rund 100 Gruppen von oft fantasievoll gekleideten Teilnehmern zu Fuß bewegte sich auf einer 7,4 Kilometer langen Strecke durch mehrere Berliner Stadtteile.

Am späten Abend rockte Tokio Hotel den CSD. Die Band trat auf der Hauptbühne am Brandenburger Tor auf. Fans bejubelten vor allem Frontsänger Bill Kaulitz. Auch nach Ende des offiziellen Programms feierten viele CSD-Teilnehmer weiter.

Sowohl Polizei als auch die Veranstalter sprachen am Sonntag von einem insgesamt friedlichen Verlauf. Nach Polizeiangaben gab es 84 Strafanzeigen. Das sei bei einer Menge von mehreren hunderttausend Teilnehmern nichts Außergewöhnliches, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag.

Unter anderem notierten die Polizisten 22 einfache und vier gefährliche Körperverletzungen, sechs Fälle von Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, fünf Drogendelikte und fünf Beleidigungen. 68 freiheitsbeschränkende Maßnahmen seien nötig gewesen, um beispielsweise Personalien festzustellen.

Der Berliner CSD ist eine der größten Veranstaltungen der LGBTIQA*-Community in Europa. Die Abkürzung steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Intersexuelle, Queere, Asexuelle und andere. Zur Frage, wie viele Menschen am CSD teilgenommen haben, wollten die Veranstalter keine Zahl nennen. „Wir hatten das Gefühl, dass es ähnlich war wie im letzten Jahr“, sagte die CSD-Sprecherin am Sonntag. Im vergangenen Jahr hatten die Veranstalter von etwa 600 000 Teilnehmern gesprochen, die Polizei von 350 000.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU, v.l.nr.).
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU, v.l.nr.).

© IMAGO/NurPhoto

Das Motto lautete diesmal „Be their voice - and ours! Für mehr Empathie und Solidarität!“ House- und Elektrobeats waren zu hören. Seifenblasen stiegen auf, Konfetti wurde geworfen, viele tanzten auf den Straßen - und auf den Anhängern der Trucks. Auch Menschen aus der Ukraine waren mit einem eigenen Truck dabei.

 Meine feste Zusage für diesen Berliner Senat ist: Wir wollen den Artikel 3 des Grundgesetzes ändern. Da muss die sexuelle Identität mit rein.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU)

Die Regenbogenfarben gab es auf dem T-Shirt von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) genauso zu sehen wie auf Sonnenschirmen, Strohhüten, in manchen Gesichtern und auf einer überdimensionalen riesigen Fahne, die von Dutzenden von Teilnehmern über ihren Köpfen hochgehalten wurde.

Dass die Bundestagspräsidentin zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner die Eröffnung übernahm, war eine Premiere. Wegner war gleichzeitig der erste Berliner CDU-Regierungschef überhaupt, der sich dazu bereit erklärt hatte. Allerdings gab es bei seiner Rede an die queere Community auch etliche Buhrufe.

Dabei gab sich der CDU-Politiker sichtlich Mühe und stellte eine Erweiterung des Artikels 3 im Grundgesetz in Aussicht. „Meine feste Zusage für diesen Berliner Senat ist: Wir wollen den Artikel 3 des Grundgesetzes ändern. Da muss die sexuelle Identität mit rein. Das ist mein Versprechen“, sagte er.

600.000
Teilnehmende nahmen letztes Jahr am CSD teil. Dieses Jahr sollen es laut Veranstaltenden ähnlich viele gewesen sein.

Bundestagspräsidentin Bas rief dazu auf, gemeinsam gegen Diskriminierung aufzustehen. „Wir müssen ein deutliches Zeichen setzen für eine freie, vielfältige, diverse Gesellschaft“, sagte sie. Auch in Deutschland nehme die Diskriminierung zu. „Und dagegen müssen wir uns alle wehren und auch gemeinsam dagegen aufstehen und Haltung zeigen.“

Bei nicht zu heißem Wetter warfen sich viele CSD-Teilnehmer in Schale: Sakkos und Krawatten in Regenbogenfarben waren ebenso zu sehen wie weiße Turbane, Frisuren mit ausladendem Blumenschmuck, Glitzer-Hosen oder nackte Oberkörper.

Einige waren mit Fahrrad oder Lastenfahrrad unterwegs, Familien auch mit Kinderwagen. Den zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauern entlang der Route wurde nicht langweilig.

Der Christopher Street Day findet jedes Jahr in vielen Städten in aller Welt statt und erinnert an Ereignisse vom 28. Juni 1969: Polizisten stürmten damals die New Yorker Schwulen- und Lesbenbar „Stonewall Inn“ in der Christopher Street und lösten dadurch mehrtägige Proteste von Schwulen, Lesben und Transsexuellen aus. Der CSD soll an die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Intersexuellen und queeren Menschen erinnern. (dpa)

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