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Wall Street Journal Reporter Evan Gershkovich im Gerichtsgebäude während seiner Anhörung in Moskau.

© REUTERS/EVGENIA NOVOZHENINA

US-Journalist bleibt in russischer Haft: Evan Gershkovich scheitert mit Berufung

Der Amerikaner sitzt seit drei Wochen wegen Spionageverdacht im Moskauer Gefängnis. Trotz der gescheiterten Anhörung gibt er sich kämpferisch.

Er lächelt trotz der Umstände: Evan Gershkovich zeigt sich gelassen. Mit kariertem Hemd und verschränkten Armen steht er in einer Glaszelle. Es ist immerhin ein wenig Abwechslung von seiner Routine im Moskauer Untersuchungsgefängnis Lefortowo.

„Ich lese, treibe Sport und versuche zu schreiben – vielleicht endlich mal was Gutes“, schreibt er in einem Brief an seine russischstämmigen Eltern.

Ansonsten harrt er in Isolation aus. Vor drei Wochen wurde der 31-jährige Journalist des „Wall Street Journals“ in Jekaterinburg festgenommen. Gershkovich recherchierte östlich des Urals über die Söldnergruppe Wagner. Nun wird er der Spionage bezichtigt, ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft.

Es fehlt Moskau an Beweisen

Es ist das erste Mal, dass Moskau seit dem Kalten Krieg diesen Verdacht gegen einen amerikanischen Journalisten erhebt. Gershkovich weist alle Vorwürfe von sich.

Am Dienstag erfolgte seine Anhörung vor Gericht. Er hatte Einspruch gegen die Bedingungen der Untersuchungshaft eingelegt, doch sein Gesuch wurde abgelehnt. Bis zum 29. Mai muss der New Yorker vorerst in seiner Zelle bleiben.

Letzte Woche deklarierten die USA ihn als „zu Unrecht festgehalten“, sprechen so den russischen Spionagevorwürfen ihre Glaubwürdigkeit ab. Auch der ehemalige US-Marine Paul Whelan, der 2020 in Russland wegen Spionage verurteilt wurde, hat diesen Status.

Das Fehlen von Beweisen im Fall Gershkovich legt nahe, dass er sich in politischer Geiselhaft befindet. Das Ziel Moskaus könnte es sein, ihn einzutauschen.

Russland könnte einen Gefangenentausch wollen

Ein Kandidat zur Freipressung ist laut Bloomberg der russische Hacker Vladislav Klyushin, der im Februar in den USA wegen Verschwörung und Betrug verurteilt wurde. Auch der in Deutschland inhaftierte „Tiergarten-Mörder“ Wadim Krassikow war in Verhandlungen um frühere Gefangenenaustausche im Gespräch, seine Freilassung gilt jedoch als unwahrscheinlich.

Der russische Vize-Außenminister Sergei Rjabkow bestätigte letzte Woche, dass ein Gefangenentausch vorstellbar wäre. Dafür müsste jedoch erst eine Verurteilung gegen Gershkovich vorliegen, was mehr als ein Jahr dauern kann.

In einer gemeinsamen Erklärung erklärten rund 40 Länder, zutiefst besorgt über Gershkovichs Inhaftierung zu sein. Bei der Anhörung war auch die US-Botschafterin in Russland, Lynne Tracy, anwesend, die ihn am Montag erstmals besuchen durfte. „Ihm geht es gut und er bleibt stark“, sagte sie.

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