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Der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, äußert sich zu einem Ende des Krieges gegen die Ukraine.

© imago/ITAR-TASS

„Wollen nur vier Regionen“: Putins Sprecher spricht von Grenzen des Krieges

Unruhe stiften, Rückzugsmanöver oder ein Angebot für eine Friedenskonferenz? Kreml-Sprecher Dmitri Peskow verwirrt mit wenigen Worten in der „New York Times“. Nicht nur zum Krieg.

Von Barbara Traut

Es sind nur wenige Sätze in einer Reportage der „New York Times“ über das Leben von Russinnen und Russen mit dem Krieg. Aber die haben es in sich.

Denn sie sind nicht von einem einfachen Bürger, sondern Dmitri Peskow spricht sie aus, der Sprecher Wladimir Putins: Auf die Frage der Reporterin, ob der Kreml mit dem Krieg auf mehr ukrainisches Land abziele als das, was man bereits erobert habe, sagt Peskow: „Nein.“ Und fährt fort: „Wir wollen lediglich das, was wir jetzt in unserer Verfassung als unseres festgeschrieben haben.“

Damit bezieht er sich offensichtlich auf die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk und die Regionen um Saporischschja und Cherson. In diesen völkerrechtlich zur Ukraine gehörenden Gegenden fanden im September 2022 zweifelhafte Referenden über die Zugehörigkeit zu Russland statt, die mit Mehrheit für Russland ausgingen.

Der Präsident wird nächstes Jahr mit mehr als 90 Prozent der Stimmen wiedergewählt werden.

 Dmitri Peskow, Sprecher Wladimir Putins

Russlands Präsident Putin und die Führungen der Gebiete unterzeichneten darüber Abkommen, die Russland anschließend in Gesetze goss.

Peskow sagte zugleich, dass der Krieg weitergehe. Noch deutlicher wurde am Montag seine Kollegin, die Sprecherin des russischen Außenministeriums Marija Sacharowa: Auf Telegram schrieb sie, damit Frieden möglich werde, müsse Kiew „die neuen territorialen Gegebenheiten“ anerkennen, was offenbar die Annexion ukrainischer Gebiete nach und vor dem russsischen Überfall im Februar 2022 meint.

Peter Neumann, Sicherheitsexperte und Forscher in der Abteilung Kriegsstudien am Londoner King’s College, glaubt dennoch, dass Peskows Äußerungen auf Bewegung in Moskau hindeuten. Womöglich habe sich der Sprecher lediglich versprochen. „Aber dann war es ein Freud’scher Versprecher, der darauf hindeutet, dass auch Russland merkt: Wir müssen etwas formulieren, eine Antwort auf etwas, was sich mit ausländischer Hilfe auf ukrainischer Seite vorbereitet.“

Bis zu einem Waffenstillstand wird es sicher noch viele Monate dauern. Am Ende könnte ein eingefrorener Konflikt stehen, eine Situation wie in Korea.

Peter Neumann, Militär- und Sicherheitsforscher am King’s College London

Er warnt davor, Peskows Worte ganz wörtlich zu nehmen: Das Angebot, das durchklinge, sei „weniger konkret, als es sich anhört“. Auf den vier Territorien zu beharren, sei „sicher kein Einstieg in Verhandlungen, auf die die Ukraine sich einlassen wird. Da beansprucht Russland etwas, das es nicht einmal erobert hat.“

Den Donbass zum Beispiel kontrolliere Moskau nur zur Hälfte. Man könne aber herauslesen, dass, möglicherweise angeregt durch die Ukraine-Konferenz jetzt in Saudi-Arabien, sich etwas in Moskau bewege, wohl als Antwort auf die Konferenz. Sie sei „Beginn eines Versuchs des Auslands, auch die Ukraine dazu zu bewegen, eine Position zu formulieren“, so Neumann. „Auch Kiew muss überzeugt werden.“ 

Wahlen sind nur teure Bürokratie, sagt Putins Sprecher

Bis auch nur ein Waffenstillstand zustande komme, wird es nach Einschätzung des Forschers aber noch viele Monate dauern. „Und am Ende könnte ein eingefrorener Konflikt stehen, der, wie viele in der Forschung bereits gesagt haben, auf eine Situation wie in Korea hinauslaufen könnte.“ Die Teilung Koreas in Nord und Süd am 38. Breitengrad ist dieses Jahr 70 Jahre alt geworden.

Dass es nach einem Waffenstillstand dann rasch zu einem Friedensschluss kommt, glaubt Neumann nicht: „Dazu ist auf beiden Seiten zu viel Blut geflossen, die Verluste waren zu groß, als dass Putin, aber auch Selenskyj jetzt sagen könnten: Das war’s. Putin hat das größere Interesse, den Krieg fortzusetzen, aber für beide Länder gilt, dass ihre Bevölkerungen – oder besser: ihre Eliten – noch nicht auf Kompromisse vorbereitet sind.“

Wobei der Zustand von Russlands Demokratie sicher eine Rolle spielt. Auch zu diesem Punkt hat Peskow sich in der „New York Times“ geäußert, und zwar in recht erstaunlicher Weise. Er scheint nämlich Wahlen für unerheblich zu halten – weil deren Ergebnis bereits feststehe:

„Unsere Präsidentschaftswahlen sind keine wirkliche Demokratie, sondern eine kostspielige Bürokratie“, zitiert die US-Zeitung den Kreml-Sprecher. „Der Präsident wird nächstes Jahr mit mehr als 90 Prozent der Stimmen wiedergewählt werden.“

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