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© dpa/Evelyn Haupt

Selfie mit Frankreichs Präsident: Einer von Macrons größten Fans kommt aus Brandenburg

Evelyn Haupt ist begeistert von Emmanuel Macron. In Potsdam kommt die ehemalige Französischlehrerin ihrem Idol endlich ganz nah. Dabei hat sie sogar die Telefonnummer der Blairs in England.

Evelyn Haupt ist extra für einen Tag aus Hannover angereist, um in Potsdam dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu begegnen. Die pensionierte Französischlehrerin spricht mit Begeisterung über Macron, den sie schon bei der Verleihung des Karlspreises 2018 in Aachen traf. Damals entstand ein Selfie. Das Foto ist auf einem kleinen Button am Revers der roten Jacke von Haupt zu sehen. Auch einen Anstecker der Macron-Partei „En Marche!“ trägt sie an der Jacke.

„Ich bin ein Fan“, sagt die gebürtige Sprembergerin über den französischen Präsidenten. Emmanuel Macron dürfte das gefallen. In Frankreich hören die Proteste gegen seine Rentenreform nicht auf. Während der Präsident Potsdam besucht, kommt es in Paris erneut zu Gewaltszenen zwischen Polizei und Demonstranten.

Auch während des Abendessens mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Sterne-Restaurant „Kochzimmer“ skandieren einige Franzosen auf dem Neuen Markt die typischen Parolen gegen die Reform. „Wir sind hier, auch wenn Macron es nicht will“, singen sie immer wieder auf Französisch. Dabei schlagen sie auf Kasserollen: Das Topfschlagen für mehr Aufmerksamkeit hat in Frankreich Tradition. Der Lärm bleibt nicht ungehört, als Macron gegen 22 Uhr das Restaurant verlässt und in den Peugeot mit Pariser Kennzeichen steigt. Begleitet von einer großen Wagenkolonne geht es zum Flughafen. Scholz twitter später: „Unsere Länder verbindet eine unzertrennliche Freundschaft.“

Der Bundeskanzler drückt ab: ein Selfie mit Scholz und Macron für Evelyn Haupt mit deren Handy.
Der Bundeskanzler drückt ab: ein Selfie mit Scholz und Macron für Evelyn Haupt mit deren Handy.

© AFP/JOHN MACDOUGALL

Das mag Evelyn Haupt sehr gefallen. Die kleine Frau in der roten Jacke und einem Shirt in Blau-Weiß-Rot ist zu diesem Zeitpunkt schon zurück in ihrem Hotelzimmer, das sie für eine Nacht gebucht hatte. Sie ist überglücklich, denn es kam zu der erhofften Begegnung mit Macron. „Wenn das nicht klappen sollte, wäre ich wirklich traurig“, hatte die 79-Jährige vor dem Treffen gesagt. Sie hat Macron einen Brief überreicht, in dem all das stehe, was sie ihm sagen wolle.

Auf den offiziellen Videos von Macron und Scholz zu sehen

Als Scholz und Macron dann vor ihr stehen, kommt sie nicht dazu, viel zu sagen. Sie gibt dem Bundeskanzler ihr Smartphone, damit er ein Bild macht. Das könne der ja sehr gut, erklärt sie. Es entstehen Fotos von Evelyn Haupt mit Macron und Scholz und eins nur mit Macron. Kurze Videos von dieser Begegnung teilen Macron und Scholz später auf Twitter und Instagram für ein Millionenpublikum. Es sind ihre einzigen offiziellen Bilder vom Treffen in Potsdam.

Der Kanzler macht das Foto: Evelyn Haupt mit Emmanuel Macron und Olaf Scholz.
Der Kanzler macht das Foto: Evelyn Haupt mit Emmanuel Macron und Olaf Scholz.

© dpa

Ein kurzer Wortwechsel mit Macron, dann verschwinden Präsident und Kanzler samt Delegationen für rund dreieinhalb Stunden im Restaurant. Für Evelyn Haupt geht ein aufregender Tag zu Ende. Wochenlang hatte sie auf ihren Besuch in Potsdam hingefiebert, ohne zu wissen, ob und wo sie Macron überhaupt treffen konnte. Zahlreiche Restaurants in der Stadt hatte sie abtelefoniert, um herauszufinden, wo Scholz und Macron speisen werden.

Mit dem „Kochzimmer“ hatte sie den richtigen Riecher. Dort warten zahlreiche Kamerateams auf die Ankunft des Präsidenten, der dann zunächst hinter einer Motorradstaffel auf dem Alten Markt vorfährt, wo ihn Scholz vor dem Museum Barberini empfängt. Erst nach einem kleinen Stadtspaziergang entlang der Havel und am Landtagsgebäude vorbei geht es zum Neuen Markt.

Das Selfie mit dem von ihr so verehrten französischen Präsidenten: Evelyn Haupt mit Emmanuel Macron.
Das Selfie mit dem von ihr so verehrten französischen Präsidenten: Evelyn Haupt mit Emmanuel Macron.

© dpa

Sie sei von seinen Reden und seiner Begeisterung für Europa angetan, sagt Evelyn Haupt über Macron. Und natürlich sehe der 45-Jährige ja auch gut aus. Er sei zudem charmant und schaffe es, die Menschen für sich einzunehmen. „Der Mann kann reden, auf sehr hohem Niveau“, sagt die frühere Französischlehrerin. Niemals sei es langweilig, Macron zuzuhören. Auf den Hinweis, dass der Präsident dem Bundeskanzler da etwas voraus habe, antwortet das SPD-Mitglied: „Das tut mir leid für Olaf.“

Die 1944 in Spremberg (Spree-Neiße) geborene Evelyn Haupt wuchs in West-Berlin auf. Nach dem Studium wurde sie mit 25 Jahren Lehrerin in Hannover. Jedes Jahr begleitete sie den Schüleraustausch ihrer Humboldtschule nach Frankreich. Bei der Fahrt 1996 nach Versailles war die damals 15-jährige Schülerin Annalena Baerbock dabei, erinnert sich Haupt. Die heute in Potsdam lebende Außenministerin sei schon damals ehrgeizig und fleißig gewesen. Über die Französischkenntnisse der damaligen Schülerin lässt sich die Lehrerin lieber nicht aus.

Verständnis für Macrons Rentenreform

Dass der französische Präsident inzwischen von weiten Teilen der Bevölkerung in Frankreich abgelehnt wird und die Proteste gegen seine Politik anhalten, beschäftigt auch Evelyn Haupt. Sie habe mit vielen ihrer langjährigen französischen Freunde gesprochen. Sie alle hielten Rentenreformen für notwendig. In kaum einem anderen europäischen Land liege das Renteneintrittsalter noch bei 62 Jahren, sagt Haupt. Macron, der dieses Alter auf 64 Jahre anhob, habe andererseits dafür gesorgt, dass Schulklassen in Brennpunkten kleiner werden und Lehrer mehr verdienen, lobt sie. Viele neideten ihm wohl seinen Intellekt und seine Überzeugungskraft.

Ihre Begeisterung für Macron begann lange bevor klar war, dass er einmal Präsident werden würde. Evelyn Haupt hatte Biografien gelesen und sich auch mit der Familie von Brigitte Macron beschäftigt, deren Familie im nordfranzösischen Amiens ein Schokoladengeschäft betreibt. Deren eigene Kreation von Macarons backt Evelyn Haupt nach und wickelt sie zum Verschenken in das Originalpapier der Firma Jean Tragneux ein. Über diese kleine Eigenart muss sie selbst schmunzeln. Doch sie macht aus ihrer Begeisterung keinen Hehl, erzählt, wie Macron schon als 15-Jähriger über seine damalige Lehrerin und spätere Ehefrau gesagt habe, „die werde ich heiraten“.

Gefunkt habe es damals in der Theater-AG. „Vom Theaterstück gibt es ein Video. Macron war als Vogelscheuche verkleidet“, sagt Evelyn Haupt. Die entsetzten Eltern hätten ihren Sohn Emmanuel von der Schule genommen und nach Paris geschickt. Doch seine Lehrerin sei ihm gefolgt.

Auf die Frage, ob sie schon frühere französische Präsidenten bewundert habe, antwortet die sehr an Politik interessierte frühere Lehrerin: „Nein, aber es gab einen britischen Premierminister, den sich sehr verehre. Tony Blair.“ Von dessen Frau Cherie erhalte sie jedes Jahr Weihnachtsgrüße mit Foto per Whatsapp. Auch ein Bild der Eheleute vom Tag der Krönung von King Charles bekam Evelyn Haupt. Sie zeigt es stolz auf ihrem Telefon.

Seit Dienstag sind nun die Bilder von Macron und Scholz in ihrem Speicher. Sollte sich wieder die Möglichkeit ergeben, wolle sie Macron erneut zuwinken oder auch zurufen, sagt Evelyn Haupt. „Zum Glück ist mein Mann sehr tolerant. Er sucht mir sogar manchmal neue Artikel über Macron heraus“, sagt sie. Anfang Juni kommt Frankreichs Präsident auf Einladung des Bundespräsidenten zum Staatsbesuch nach Deutschland.

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