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Anna Vinnitskaya. Die russische Pianistin spielte zum Saisonauftakt im Nikolaisaal.

© Marco Borggreve

Aufbruch zum Auftakt: Potsdamer Kammerakademie mit prallem Programm

Mit großen Ambitionen und kleinen, originellen Kompositionen beginnt im Nikolaisaal die Herbstsaison des Potsdamer Orchesters.

Die Konzertsaison der Kammerakademie Potsdam hat begonnen. Die Bühne des Nikolaisaals betritt am Samstag zunächst Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert. Er wendet sich an die Zuhörerinnen und Zuhörer sowie an die Mitglieder des Orchesters, um die neue Spielzeit zu begrüßen, eine Saison mit vielfältigen und spannungsgeladenen Programmen, mit renommierten Solisten und verschiedenen Spielorten in der Stadt.

Doch die Kammerakademie ist nicht anwesend. Unhöflichkeit? Interessenlosigkeit? Wie auch immer, als die Musikerinnen und Musiker sich zu einem großen Sinfonieorchester auf der Bühne zu einem prallen Konzertprogramm mit dem Titel „Aufbruch“ versammeln, brandet herzlicher Beifall auf.

Sergej Rachmaninows 1. Klavierkonzert in fis-Moll op. 1, dessen erster Satz bereits mit 18 Jahren entstand, wird unter der Leitung von Chefdirigent Antonello Manacorda zum Auftakt musiziert. Als Solistin wurde die russische Pianistin Anna Vinnitskaya verpflichtet, die in dieser Saison als Artist in Residence agiert. Nach den Eröffnungsfanfaren greift die Pianistin markant in die Tasten, um heftige Ausbrüche zu artikulieren.

Neue Fünf-Minuten-Werke

Die Virtuosität ihres Musizierens ist bewundernswert, auch das Gefühl für die mondäne Tragik dieser Musik. Doch an diesem Abend hatte sie wohl wenig Empfindung für die ruhevollen und lyrischen Oasen. Für die Wiedergabe des Rachmaninow-Werks ist zweifellos ein groß besetztes Orchester vonnöten. Das Orchester bringt jedoch nicht die Rachmaninow-Erfahrung mit. Der vielfach fein gewebte farbige Klangteppich der Komposition geriet zu aufgeraut und grell.

Die Kammerakademie hat für die Saison ein Intermezzo-Projekt vorbereitet. Vier Komponist:innen der Berlin-Brandenburg-Region schreiben Fünf-Minuten-Werke, die in Sinfoniekonzerten zur Uraufführung kommen. Den Anfang machte der palästinensisch-israelische Komponist Samir Odeh-Tamimi mit „Tachypnon“ (Schnellatmung). Ein archaisches Werk, das sich mit ruhigem bis panischem Atmen von Menschen beschäftigt.

Geräuschvolle Atmung

Odeh-Tamimis Mini-Komposition hatte durchaus eine anregende Wirkung zum weiteren Kennenlernen seiner Werke. Jedoch war alles schnell vorbei, so die geräuschvolle Atmung, die die Musiker:innen auf ihren Instrumenten zu bewerkstelligen hatten oder das rhythmische Schlagen mit Hölzern der Streicher.

In Robert Schumanns 1. Sinfonie in B-Dur Opus 38, auch Frühlingssinfonie genannt, hat Manacorda mit recht jegliche biedermeierliche Gemütlichkeit aus dem Werk verbannt, auch das Luftige, den vielfältigen Aufbruch in eine neue Jahreszeit. Doch durchweg das Laute und Schnelle sowie das Dramatische hierbei hervorzuheben, ist fehl am Platz. Glücklicherweise hauchten die Orchestersolisten das Seelenvolle in die Sinfonie.

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