zum Hauptinhalt
Entwurf der Initiative „Retten wir den Staudenhof – gemeinsam die Bauwende gestalten!“: Drei Riegel sollen die sanierten Bestandsbauten ergänzen.

© Hütten & Paläste

Update

Staudenhof-Debatte im Bauausschuss: Mehrheit lehnt Entwurf für Erhalt des Potsdamer DDR-Baus ab

Das alternative Konzept stößt überwiegend auf Ablehnung. Doch es bleiben viele Argumente für einen Erhalt.

Abermals und im Laufe des Abends gleich zweimal hat der Bauausschuss am Dienstag über einen möglichen Erhalt des Staudenhofs debattiert. Der Wirtschaftswissenschaftler Daniel Fuhrhop, Mitglied der Initiative „Retten wir den Staudenhof“ und von „Scientists for Future“, erklärte, dass ein Abriss und die geplante Neubebauung nicht mehr zu einer Zeit mit „enorm gestiegenen Baukosten, Krieg und Waldbränden“ passe. Eine Sanierung mit Ergänzungsbauten schaffe bei niedrigeren Kosten ebenso viel Wohnraum. Mit dem gesparten Geld könnten an anderer Stelle weitere Sozialwohnungen entstehen, sagte Fuhrhop.

Der Architekt Frank Schönert, der sich mit seinem Büro „Hütten und Paläste“ für eine ressourcenschonende Bauweise einsetzt, sprach von einem möglichen Modellprojekt der Bauwende, das in der Mitte der Stadt entstehen könne. „Das würde der Wissenschaftsstadt sicher besser stehen als der Nachbau barocker Stadtstrukturen“, sagte Schönert. Sein Entwurf sieht den Erhalt und drei Ergänzungsbauten am Staudenhof vor. Mit dieser „Transformation“ könnten 70 Prozent der grauen Energie weitergenutzt werden.

Wir sind schon einen Schritt weiter.

Bernd Rubelt, Baubeigeordneter

„Der Vorschlag hätte vor anderthalb Jahren kommen müssen“, sagte Gert Zöller (Grüne). Nun gebe es eine Beschlussfassung und bereits Planungsarbeiten. Zöllers Argumente hätten den Plänen der Staudenhofretter aber auch zu einem früheren Zeitpunkt kaum eine Chance gelassen. Denn laut dem Gutachten des Ingenieurs Manfred Puche ist in dem Plattenbau auch „bei maximal baulichem Aufwand“ kein Wohnkomfort zu erreichen, der heutigen Ansprüchen gerecht wird. „Das ist kein Leuchtturm integrierter Stadtentwicklung. Was man für 6,5 Millionen Euro bekommt, ist ein notdürftig zusammengeflickter Plattenbau“, sagte Zöller.

Tiefgarage für Lastenfahrräder

Der Baubeigeordnete Bernd Rubelt verwies auf die geltende Beschlusslage. „Wir sind schon einen Schritt weiter.“ Es sei lange über Abriss oder Neubau diskutiert worden, sagte Rubelt. Der geplante Block IV sei ein integriertes Konzept in einer „anderen Qualität“. Neubau-Befürworter Ken Gericke (parteilos, bisher Grüne) begrüßte, „dass es jetzt ein alternatives Konzept gibt“. Denn dieses bestätige, dass mit den Bestandsbauten die gewünschten Ziele nicht zu erreichen seien.

Ralf Jäkel (Linke) widersprach: Hunderte sanierter Plattenbauten in Potsdam hätten gezeigt, „dass man kann, wenn man will.“ Der Staudenhof-Erhalt sei wirtschaftlich machbar, aber nicht gewollt. Anja Günther (Sozial. Die Linke) sagte, dass die Pro Potsdam nie ein Sanierungskonzept, nur mögliche Sanierungskosten vorgelegt habe. Jetzt gebe es eine konkrete Untersetzung. Eine Sanierung sei „absolut und ins Verhältnis gesetzt“ günstiger als Abriss und Neubau.

Ken Gericke verwies dagegen auf die fehlende Förderfähigkeit einer Sanierung. Der Ausschussvorsitzende Wieland Niekisch (CDU) sprach von einem „klobigen Alternativentwurf“, der zu „noch mehr Verdichtung und Verschattung“ führe. Die geplante Tiefgarage werde im Übrigen auch für Lastenfahrräder benötigt.

Saskia Hüneke (Grüne) lehnt den Entwurf zum Erhalt ebenfalls ab. Die Lage des Staudenhofs mitten im Karree sei ein städtebaulicher Mangel. Und die Wiese vorm Staudenhof, die nie ein Mensch betreten habe, werde durch den neugeplanten Riegel zu einem Loch. „Und das am Alten Markt“, merkte Hüneke an.

Über Schönheit werde die junge Generation kaum diskutieren, sagte André Tomczak (Die Andere). Dieser stelle sich eine andere Frage: „Wie kommen wir mit den endlichen Ressourcen zurecht?“ Das Bündnis „Retten wir den Staudenhof“, zu dem neben weiteren Architekten und Wissenschaftlern auch der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber gehört, argumentiert mit dem schonenden Umgang von Energie und Ressourcen für den Erhalt des Plattenbaus. Für ihr Konzept gab es im Bauausschuss keine Mehrheit.

Sanierungskosten liegen doch deutlich höher

Angesichts der von den Abrissgegnern geäußerten Zweifel an der Vorgehensweise der Pro Potsdam sagte deren Chef Bert Nicke bei einem Pressegespräch am Mittwoch, hier gehe es auch um die Reputation des Unternehmens. Ein Gutachter im Auftrag der Pro Potsdam, Manfred Puche, hatte 6,5 Millionen Euro für eine grobe Sanierung geschätzt - daraus hatten die Abrissgegner geschlussfolgert, die Sanierung des Hauses sei deutlich billiger zu haben als die bisher im Raum stehenden 17,9 Millionen Euro. Eine energetische Gesamtsanierung habe er nicht betrachtet, sagte der Gutachter. Nicht enthalten seien in den Kosten etwa der nötige Ausbau des Untergeschosses, die Änderung der Wohngrundrisse, die Barrierefreiheit in den Wohnungen oder Entrauchungsanlagen.

So lägen die Gesamtsanierungskosten pro Quadratmeter bei zurückliegenden Bauprojekten der ProPotsdam bei 1500 bis 1800 Euro pro Quadratmeter - beim Staudenhof geht das Unternehmen von 2200 Euro aus, Stand 2018. Das liege unter anderem an den ungünstigen Wohnungszuschnitten und weiteren Besonderheiten des Gebäudes mit langen Mittelgängen und damit höheren Brandschutzanforderungen wie einem zusätzlich nötigen Treppenhaus. Für eine neue Kostenschätzung seien rund 420.000 Euro nötig, hieß es weiter. Dazu gebe es keine Veranlassung, machte Nicke deutlich -  bisher sei die Sanierung wegen der fehlenden Wirtschaftlichkeit auch nicht förderfähig.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false