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2022 spielten die Beatsticks in Hannover, jüngst nun Open Air im Waschhaus Potsdam.

© imago/Future Image/Clemens Niehaus

Ist das noch Punk?: Beatsteaks am Waschhaus

Fast ist die Berliner Band inzwischen am Waschhaus zuhause: Auch ihr Open-Air-Konzert am Dienstag wurde zum Heimspiel. Allerdings nicht mehr so wild wie einst.

Von Oliver Köhler

Das Waschhaus wird zur zweiten Heimat der Berliner Band Beatsteaks. Nachdem die Band bereits im vergangenen Mai die Location für intensive Probentage und die Vorbereitung auf die Sommertour genutzt hatte, war sie dieses Jahr wieder dort im Trainingslager. Und bedankte sich mit einem gut besuchten Open-Air-Konzert am Dienstagabend (13.6.).

Etwas aber war anders in diesem Jahr: Von der dunklen Coronazeit, die dem vergangenen Jahr etwas Surreales verlieh, war im Sommer 2023 schon nichts mehr zu spüren. Und gab es 2022 noch ein Exklusivkonzert für Pflegekräfte am Vorabend des Open-Air, spielten die Beatsteaks diesmal einfach für alle. Für das Waschhaus, in dem am Sonntag bereits Peter Fox vor ausverkaufter Bühne die Open-Air-Saison eröffnen durfte, sind die Beatsteaks als Heimspiel natürlich ein Glücksgriff – und gleichzeitig das Produkt eines extravaganten Bookings. Da wird diesen Sommer noch so einiges zu erleben sein, so viel ist sicher.

Man wird halt älter

Es ist eine extravagante Location an der Schiffbauergasse: Diese majestätische Bühne mit der Havel im Rücken, die man freilich nur ahnt. Dazu dieses Licht, das vom Grün der Bäume links und rechts absorbiert wird. Ganz so schwitzig-punkesk wie weiland 2004, als die Beatsteaks ihr Wahnsinns-Album „Smack Smash“ präsentierten und das ausverkaufte SO36 zum Kochen brachten, ist es fast zwanzig Jahre später nicht mehr. Ist das überhaupt noch Punk? Familien mit Kindern, Getränkepreise wie zum Oktoberfest, auch die älteren Kaliber im Beatsteaks-Shirt. Die Zeit vergeht.

Da passten Die Verlierer als Kontrapunkt ganz gut: Die junge Berliner Combo rumpelte sich durch die Deutschpunk-Zeitlosigkeit, fünf schlaksige Kerle, die sich weder für dreckigen Kellerpunkrock noch für die amerikanische One-two-three-four-Variante zu schade waren. Überschlagendes Schlagzeug, polternder Bass, sägende Gitarren. Da war die halbe Stunde Spielzeit viel zu schnell vorbei – schade eigentlich.

Danach war es eigentlich schon reichlich spät für einen profanen Dienstagabend, als um kurz nach zehn, pünktlich zum Einbruch der Dunkelheit, die Beatsteaks auf die Bühne kamen. Kurz der bange Gedanke: Hoffentlich liegt eine Krach-Ausnahmegenehmigung vor, nicht dass das Konzert nach einer Stunde schon vorbei wäre! Aber nein, das war es nicht. Der Wind wehte kühl und unerwartet kräftig von der Havel rüber, auf „Ain’t complaining“ folgte gleich „Hand in Hand“ – und Sänger Arnim Teutoburg-Weiß war kuschlig-nah am Publikum. Später sollte er sogar den leichten Versuch wagen, über die Hände der Gäste zu surfen – fast wie damals, als er dafür noch ein Surfbrett benutzte.

Man wird halt älter, und ein wenig gesetzter. Der Sound kam eher etwas gedämpft, was auch am Wind gelegen haben könnte. Auch die Songs waren wesentlich ruhiger als noch die alten Gassenhauer: souveränes Nach-vorn-Drängen, aber keine haltlosen Ausraster. Der Soundtrack des Sommers ist hier Reggae. Auch Songs wie „I don’t care as long as you sing“ hatten ja schon eine jamaikanische Mitsing-Komponente eingebaut.

Und natürlich die Coversongs: Was die betrifft, hatten die Beatsteaks schon immer den richtigen Riecher für Raritäten. Ganz vorn das grandiose Hildegard-Knef-Cover „Von nun ans ging’s bergab“, mit dem die Beatsteaks 2020 ein Überraschungserfolg gelang. Aber auch die Hymne „Hey Du“ aus dem 80er-Jahre-Musical „Linie 1“, der runderneuert für reichlich Feuerzeuge und Handylampen in der Luft sorgte – oder „Gypsy Woman“ von Crystal Waters, der mit seinem „La Da Dee La Da Da“ noch mal die Neunziger hochleben ließ. Es war schön, aber auch routiniert – und am Ende wurde es wieder etwas krachiger, als hätte sich die Band noch Restenergie aufgehoben. Fast noch ein wenig Punk.

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