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Kunsthaus Potsdam. Mitgliederausstellung zum 20. Jubiläum.

© Andreas Klaer

Ohne Motto, aber mit frischem Wind: Was Brandenburgs größter Kunstverein 2023 vorhat

Zum Jahresauftakt präsentiert das Kunsthaus Potsdam Kunst seiner Mitglieder. Im März steht eine personelle Änderung an.

Von Alicia Rust

Eine Skulptur, die an einen aufgeschnittenen Ballon erinnert, gefertigt aus groben Leinen und Leim. Wer einen Blick in das Innere wirft, wird unschwer ein Gemälde erkennen. Die Abbildung einer männlichen Figur, festgehalten mit flüchtigem Pinselstrich. Das Gebilde, von innen heraus sanft beleuchtet, erinnert an einen Schrein. Das sei durchaus gewollt, sagt Christian Sorgenfrey vom Kunsthaus Potsdam. Das Kunstwerk stammt von der in Potsdam lebenden Künstlerin Anja Isabel Schnapka. Gefertigt aus Rupfen, Farbe, Kleister und Papier. Als Sockel dient ein ausgedienter Stuhl.

Sinnbild für Leben und Vergehen

Das Werk sei ein Andenken an ihren verstorbenen Bruder Armin Igor Schnapka. Die Skulptur ist aus einem seiner Gemälde entstanden. Eines der wenigen von insgesamt 99 Werken von 61 Künstlern auf der kürzlich eröffneten Mitgliederausstellung Nr. 2, die unverkäuflich sind. Das ballonartige Gebilde ist derart groß, dass im Inneren leichthin ein zusammengerolltes Kind Platz finden würde. Eine Art Riesen-Uterus ohne Korpus. Ein Urei, ursprünglich Sinnbild für Leben, hier hingegen als Mahnmal für einen verschiedenen Menschen.

 Es gibt keinen Kulturverein, der mehr Mitglieder hat als wir, selbst wenn wir von der Einrichtung her nicht die größten sind.

Christian Sorgenfrey, Kunsthaus Potsdam

Von der gegenüberliegenden Wand stechen die Abbildungen Rainer Gottenmeiers, Europa & Zeus, hervor. Von vier farbigen Acrylglasscheiben bedeckt, reflektieren sie das spärliche Licht der Wintersonne, als würden sie von innen heraus leuchten. Jedes Bild ist 24 mal 30 cm groß und kostet 500 Euro. So unterschiedlich die Kunst und der jeweilige Ansatz der dazugehörigen Kunstschaffenden, so unterschiedlich sind auch die Mitglieder des Vereins.

Von den inzwischen über 310 Mitgliedern, sind rund 180 Künstler, bei den restlichen 130 Mitgliedern handelt es sich um Kunstliebhaber, Menschen aus der Kulturszene sowie Kunstsammler. Viele der Kunstfreunde – der Anteil von Frauen beträgt über 60 Prozent – kommen aus Berlin, Potsdam und dem Umland.

Durch die beachtliche Anzahl der Mitglieder, ist das Kunsthaus Potsdam der größte Verein in ganz Brandenburg. „Es gibt keinen Kulturverein, der mehr Mitglieder hat als wir, selbst wenn wir von der Einrichtung her nicht die größten sind“, sagt Sorgenfrey, der vor 17 Jahren dem Verein beitrat. „Damals hatten wir noch 25 Mitglieder“, erinnert sich der Wahl-Potsdamer.

Die Nase vorn in Sachen Kultur

Womit erklärt er sich den Erfolg des Vereins? „Wir haben einfach ganz früh angefangen und wir hatten immer sehr gute Vorsitzende.“ Wegen Renate Griesebach, der ehemaligen Vorsitzenden des Vereins, sei er beispielsweise damals zum Kunsthaus Potsdam gekommen. Im vergangenen Jahr feierte der Verein sein zwanzigjähriges Jubiläum.

Für einen Umzug hätte es ein deutlich höheres Budget gebraucht.

Martin Gorholt, Vorsitzender des Vereins Kunsthaus Potsdam

Zur Ausstellungseröffnungen ist es mitunter derart voll, dass nicht alle Besucher im Inneren des ehemaligen Pferdelazaretts der Garde-Ulanen-Kaserne Platz finden. Allein zur Eröffnung der Mitgliederausstellung Nr.2, die noch bis zur Finissage am 26. Februar zu sehen ist, waren über 250 Besucher gekommen. „Für eine Veranstaltung in der zeitgenössischen Kunst ist das natürlich klasse“, freut sich Martin Gorholt, der Vorsitzende des Kunstvereins. Es stecke ein enormes künstlerisches Potenzial in diesem Verein.

Bei einem derartigen Zulauf: Kommt man da nicht auch mal an seine Grenzen? Gorholt bejaht. Es habe tatsächlich ein verlockendes Angebot gegeben. „Ob wir nicht künftig an den Alten Markt ziehen wollen.“ An besagtem Standort hätte mit über 500 Quadratmetern an Ausstellungsfläche wohl kaum Platzmangel geherrscht. Doch eine so große Ausstellungsfläche muss natürlich auch erst mal bespielt werden. „Dazu hätte es ein deutlich höheres Budget gebraucht“, so Gorholt.

Ein alter Standort erfindet sich neu

Nicht alle Mitglieder waren traurig darüber, dass es vorerst beim alten Standort des Vereins bleiben wird. „Wir fühlen uns äußerst wohl in den Räumlichkeiten hier“, sagt Sorgenfrey. Im Sommer sei der Innenhof ein wunderbarer Ort der Stille, sehr geschätzt auch für Feierlichkeiten.

Nach reichlicher Überlegung habe man sich gegen ein Motto für dieses Kunstjahr im Verein, wie auch gegen einen Neujahrsempfang entschieden. Dafür werde es aber Ende März einen Frühjahrsempfang geben. Nach der langen Covid-Pause und den damit verbundenen Herausforderungen wolle man nun entspannter ins neue Jahr starten.

Frischer Wind für das KunstHaus Potsdam

Auch personell wird es im Verein, der pro Jahr mindestens sechs große Ausstellungen macht – nebst vielen weiteren Begleitveranstaltungen und Kooperationen mit anderen Kultureinrichtungen – in Kürze eine Neuerung geben. Auf die Kunstwissenschaftlerin Rahel Schrohe, die das Amt der künstlerischen Leitung für den Zeitraum von 21 Monaten innehatte, wird Anfang März aller Voraussicht nach die in Potsdam bekannte Künstlerin und Kuratorin Ellen Kobe folgen. Auch sie wird sich – wie ihre Vorgängerin – die Arbeit mit Martin Gorholdt teilen, der bis 2019 als SPD-Politiker Chef der Staatskanzlei Brandenburg war.

Gibt es auch Pläne, was eine sanfte Verjüngung des Vereins betrifft? Man wolle in Zukunft gerne verstärkt mit Schulen und Universitäten zusammenarbeiten, sagt Gorholt. Interessant seien vor allem die Studiengänge Kunst und Kultur. Vor die großflächigen Fenster des Kunstraums haben sich inzwischen Wolken geschoben. Im Hinausgehen fällt der Blick auf drei kleinere Gemälde der in Brandenburg lebenden Malerin Angela Wichmann. Close Up 1 – 3, so die Titel. Ein Spiel aus Licht und Schatten.

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