zum Hauptinhalt
Chandrayaan-3 ist die erste Sonde, die in der Nähe des kaum erforschten Südpols des Mondes landen konnte.

© AFP/-

Die nächste Raumfahrtnation: Indiens Sprung ins All

Mit Beharrlichkeit und Expertise gelingt Indien ein wichtiger Schritt. Weitere Missionen sollen folgen – und bald auch Astronauten ins All fliegen.

Die letzten Minuten vor der geplanten Landung wurden zur Qual. Klappt es dieses Mal, eine Sonde sanft auf dem Mond abzusetzen? Beim letzten Versuch ging es schief. Bange Gesichter, von den Fachleuten der indischen Raumfahrtagentur ISRO bis zum Premierminister Narendra Modi, vor unzähligen Bildschirmen im Land – und schließlich großer Jubel. Landung geglückt. Mit der sicheren Ankunft von „Chandrayaan-3“ am Mittwoch Nachmittag (MESZ) auf dem Erdtrabanten macht Indien endgültig klar, dass es einen festen Platz in der Raumfahrt hat.

Der Erfolg auf dem Mond ist lediglich ein Element, seit Jahren treibt das Land sein Weltraumprogramm voran mit Satelliten und Forschungssonden an Mond und Mars. Künftig soll es auch astronautische Missionen geben.  

Kompliziertes Manöver

Weich auf dem Mond zu landen ist nach wie vor kompliziert. Der Himmelskörper hat keine Atmosphäre, die beim Bremsen hilft. Bisher haben das nur Fachleute aus der Sowjetunion, den USA und China geschafft. Ein erster Versuch der Inder bei der Mission Chandrayaan-2 im Jahr 2019 endete mit einer Bruchlandung, ebenso erging es der israelischen Sonde „Beresheet“ und der japanischen „Hakuto-R“. Russlands Versuch, mit „Luna-25“ an alte Erfolge anzuknüpfen, war erst am Wochenende gescheitert. Statt eines Triumphs gab es lediglich einen weiteren Krater auf der Mondoberfläche.

Auch am „Guru Nanak Khalsa“ College wurde die erfolgreiche Landung der Chandrayaan-3 Sonde gefeiert.

© AFP/INDRANIL MUKHERJEE

Die Beteiligten an Chandrayaan-3 haben es besser hinbekommen. Indien ist nun der vierte Staat im Club der „Mondlander“ und zugleich der erste, der eine Sonde sanft in der Südpolregion abgesetzt hat. Sie ist besonders spannend, seit 2009 dort Wasser entdeckt wurde – übrigens von einem Nasa-Instrument auf einem Orbiter der ersten Chandrayaan-Mission. Es ist als Eis in tiefen Kratern verborgen, die nicht von der Sonnenstrahlung erreicht werden. Wasser auf einem anderen Himmelskörper ist zweifach wertvoll: Für Menschen und Pflanzen in einer Station, für die das Nass nicht mehr aufwändig mit Raumschiffen herbeigeschafft werden muss. Und um mittels Elektrolyse daraus Wasserstoff und Sauerstoff zu gewinnen, als Treibstoff für Raketen – zurück zur Erde oder tiefer ins All, etwa zum Mars.

Mit dem jüngsten Erfolg gelten die indischen Kollegen auf fachlicher Ebene umso mehr als mögliche Kooperationspartner für künftige Vorhaben. 

Ulrich Köhler, Berliner Institut für Planetenforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR

Bereits Chandrayaan-2 sollte mit einem Rover die Region genauer erforschen, was bekanntlich scheiterte. „Die Inder haben aus Fehlern gelernt und ihr Programm engagiert fortgeführt“, sagt Ulrich Köhler vom Berliner Institut für Planetenforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Chandrayaan-3 soll nun die chemische Zusammensetzung vor Ort analysieren und Mondbeben erfassen, was wiederum Hinweise auf den Untergrund gibt. „Ein kleines, aber feines Wissenschaftspaket, die Community freut sich auf die Daten.“

Seit Jahren wichtige Raumfahrtnation

Seiner Einschätzung nach gehört das Land seit Jahren zu den wichtigen Raumfahrtnationen. „Auf der Seite der Wissenschaft werden die indischen Kollegen respektiert und sind gern gesehen auf Konferenzen“, sagt Köhler. „Mit dem jüngsten Erfolg gelten sie auf fachlicher Ebene umso mehr als mögliche Kooperationspartner für künftige Vorhaben.“

Ob es diese geben wird, ist aber auch eine politische Frage. Bei China und Russland haben deutsche und europäische Raumfahrtstrategen die Zusammenarbeit wahlweise auslaufen lassen oder abrupt beendet wegen des Kriegs in der Ukraine. Die technische Unterstützung beim aktuellen Landeversuch mittels Esa-Antennen und die begeisterten Gratulationen aus der Chefetage der europäischen Raumfahrtagentur lassen eine gewisse Offenheit vermuten.

Für die indische Raumfahrt selbst dürfte der Erfolg vom Mittwoch wie ein „Booster“ wirken. Die Politik weiß, dass damit nicht nur Prestige zu holen ist, sondern Wirtschaft und Gesellschaft unmittelbar profitieren, etwa von Kommunikation und Satellitendaten. Laut dem US-Public Broadcasting Service gibt es gut 140 raumfahrtbezogene Start-ups, die entsprechende Technologien entwickeln.

Die Agentur ISRO hat zudem bessere Argumente für Budgetverhandlungen. Ihre Pläne sind groß: Neben dem Mond sollen auch Mars und Venus weiter mit Sonden erforscht werden. Dazu kommt das astronautische Programm. 2024/2025 sollen erstmals Menschen mit dem Raumschiff „Gaganyaan“ ins All fliegen. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false