Eva Krausmer ist überrascht. Sie habe nicht geglaubt, dass es hier so viele unterschiedliche Gruppen gebe, sagt die in lässigem Freizeitlook gekleidete Demonstrantin.
Alle Artikel in „Berlin“ vom 01.05.2000
Nico ist extra fürs Wochenende angereist. Und nun kann der junge Mann mit dem Irokesenschnitt, Che-Guevara-Shirt und Springer-Stiefeln überhaupt nicht verstehen, weshalb die Polizei ausgerechnet seinen schwarzen Rucksack an der Kreuzberger Oranienstraße durchsuchen will.
Die Berliner Polizei hatte für den 1. Mai Unterstützung aus anderen Bundesländern bekommen.
Das Straßenfest auf dem Kreuzberger Mariannenplatz gehörte gestern zu den sichersten Plätzen des Landes. Schon am U-Bahnausgang Kottbusser Tor kontrollierten Polizisten in Kampfmontur die Taschen der Fahrgäste - darunter viele Alt-Punks und Jugendliche, die auch auf dem Weg zu einem Grunge-Konzert hätten sein könnten.
Der Himmel hatte krachend seine Schleusen geöffnet. Dennoch kamen am Sonntagabend rund 300 Frauen zur Walpurgisnacht-Demo nach Kreuzberg und zeigten: Die Frauenbewegung zu Beginn des neuen Jahrtausends ist vor allem autonom.
Kultur und Chaos, das waren lange die Markenzeichen der Stadt; wobei Kultur immer schon für beide Teile galt und Chaos, besonders am 1. Mai, zur anscheinend unvermeidlichen Folklore zunächst des westlichen und dann des ganzen Berlin gehörte.
Der letzte "Ossi mit Geschäft" in der Neuen Schönhauser heißt Benny Poßner. Sein Laden heißt "Flex Fashion Store" und ist nicht neu, aber frisch renoviert und mit neuen Klamotten aufgefüllt: Neben der gewohnten Clubwear für Männer und Frauen hängen seit der Wiedereröffnung am Wochenende auch ausgewählte Designer.
Bis zum Bundesverfasungsgericht waren Faschisten (NPD) und Antifaschisten (Autonome) gezogen, um am 1. Mai in Berlin demonstrieren zu können, wie und wo sie wollen.
Unzählige Veranstaltungen gab es rund um den 1. Mai.