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Die Ampel-Regierung hat mit der Streichung der Agrardiesel-Beihilfen den Zorn der Landwirte auf sich gezogen.

© picture alliance/dpa/Christoph Schmidt

Entlastungen für Landwirte: Die Bundesregierung will den Bauern weiter entgegenkommen

Im Streit um weitere Zugeständnisse an die Bauern könnte es eine Lösung geben. Weniger Schreibtischarbeit, weniger Steuern – so sehen die Angebote der Bundesregierung aus.

An diesem Freitag wollen die Landwirte mit ihren Traktoren wieder Präsenz in Berlin zeigen. Der Grund für die Demonstration: Vor der Sitzung des Bundesrats, bei der es auch um die Landwirte geht, wollen deren Vertreter noch einmal ordentlich Druck machen.

Die Bauern setzen mit Blick auf die Bundesratssitzung nicht nur auf die Macht der Bilder, die während der Demonstration entstehen werden. Auch die unionsgeführten Bundesländer haben sich zum Fürsprecher der Agrarbranche aufgeschwungen nach dem Motto: Eine Zustimmung zum Wachstumschancengesetz zur Wirtschaftsförderung gibt es im Bundesrat nur dann, wenn die Bundesregierung den seit Monaten demonstrierenden Landwirten entgegenkommt.

Die Agrar-Diesel-Rückerstattung ist ein wichtiger Baustein zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft.

Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes

Genau dies hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) indes inzwischen getan. Zwischen den Bauern und der Bundesregierung könnte es eine Annäherung geben, seit Özdemir am Mittwoch unter anderem „einkommenssteuerliche Erleichterungen“ für Landwirte in Aussicht stellte.

Gemeint ist damit die Überlegung von Finanzminister Christian Lindner (FDP), die im Jahr 2022 ausgelaufene Tarifglättung für landwirtschaftliche Betriebe wieder einzuführen. Die Tarifglättung sorgt dafür, dass steuerliche Nachteile aus Gewinnschwankungen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe ausgeglichen werden. Bei den andauernden Gesprächen über steuerliche Entlastungen für die Landwirte liegt der Teufel allerdings im Detail. Denn schon seit Jahren fordert der Deutsche Bauernverband zudem, dass Landwirte bei der Bildung einer Risikorücklage für schlechte Zeiten von Steuern befreit sind.

Neben steuerlichen Zugeständnissen will Landwirtschaftsminister Özdemir die Stellung der Landwirte in der Wertschöpfungskette – etwa gegenüber dem Einzelhandel – stärken. „Das ist etwas, was die Landwirte schon seit langem ärgert“, hatte Özdemir auf der Europakonferenz „Europe 2024“ von Zeit, Handelsblatt, Wirtschaftswoche und Tagesspiegel mit Blick auf die geringen Mitspracherechte der Bauern bei der Preisgestaltung gesagt. Der Agrarminister hatte insbesondere die Möglichkeit angesprochen, dass Milchlieferanten verpflichtet werden können, Preise und Liefermengen in einem schriftlichen Vertrag zu regeln.  „Das will ich jetzt anpacken“, hatte Özdemir gesagt.  

Darüber hinaus soll es nach dem Willen des Grünen-Politikers weniger bürokratische Auflagen geben. Die Gespräche über Bürokratieabbau, steuerliche Entlastungen und eine größere Marktmacht der Landwirte sind nur das vorerst letzte Kapitel in einem monatelangen Streit zwischen der Bundesregierung und den Bauern.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat den Bauern weitere Entlastungsangebote gemacht.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat den Bauern weitere Entlastungsangebote gemacht.

© dpa/Martin Schutt

Im Dezember hatte die Ampel-Koalition zunächst eine Streichung von Steuervergütungen beim Agrardiesel und der Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge verkündet. Einen Teil dieser Einschnitte machte die Bundesregierung anschließend zu Beginn des Jahres angesichts der Bauernproteste wieder rückgängig. Die Bedeutung der Steuerbefreiung beim Agrardiesel machte der Präsident des Bauernverbandes, Joachim Rukwied, am Donnerstag noch einmal deutlich. „Die Agrar-Diesel-Rückerstattung ist ein wichtiger Baustein zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft“, sagte er.

Wer genug Lärm macht, wird dafür offenbar belohnt.

Andreas Bovenschulte (SPD), Bremens Bürgermeister

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte äußerte sich kritisch zum anhaltenden Protest der Landwirte. „Wer genug Lärm macht, wird dafür offenbar belohnt“, sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel. „Das finde ich unabhängig vom inhaltlichen Gehalt der Vorschläge ein schwieriges Signal“, fügte er hinzu. Bovenschulte wies darauf hin, dass das Bundeskabinett in dieser Woche eine Nationale Hafenstrategie beschlossen hatte, „in der kein Cent mehr drin ist für die Menschen, die dort arbeiten“.

Auf EU-Ebene hat es zuletzt ebenfalls Entlastungen für die Landwirte gegeben, unter anderem bei der Lockerung von Umweltvorgaben und der Einführung von Zöllen für einzelne Agrarprodukte aus der Ukraine. Trotzdem soll auch beim EU-Gipfel in Brüssel, der am Donnerstag begann, weiter über die Lage der Landwirtschaft gesprochen werden. Laut dem Entwurf der Gipfelerklärung soll die EU-Kommission mit der Ausarbeitung weiterer Maßnahmen zur kurz- und mittelfristigen Entlastung der Landwirtschaft beauftragt werden.

Aus Regierungskreisen in Berlin hieß es, dass sich die Kritik der Landwirte gegen eine überbordende Bürokratie richte. In Berlin werde der Ansatz der EU-Kommission geteilt, die gemeinsame europäische Agrarpolitik zu vereinfachen. Dabei sollten aber die Ziele des so genannten „Green Deal“, welcher der Landwirtschaft einen Beitrag zum Klimaschutz abverlangt, nicht in Frage gestellt werden, hieß es weiter.

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