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Pläne des Bauhaus Erde in Potsdam: Nachts soll der Bauhaus-Pavillon durch seine transparente Hülle leuchten.

© Bauhaus Erde

Bauhaus Erde setzt sich für Holz statt Beton ein: In Potsdam soll klimafreundlicher gebaut werden

Das von renommierten Wissenschaftlern in Potsdam gegründete Bauhaus Erde hatte als Gast im Bauausschuss der Stadt Potsdam keinen leichten Stand. Pete Heuer (SPD) setzte zum Angriff an.

Die Initiative Bauhaus Erde hat am Dienstagabend im Bauausschuss der Stadt ihre Visionen von einer dringend benötigten Bauwende dargestellt. „Ohne radikales Umdenken in der Art, wie wir bauen, werden wir dem Klimawandel nicht begegnen können“, sagte der Architekt und Bauhaus-Co-Geschäftsführer Philipp Misselwitz. Zum Umdenken gehöre der Einsatz von regenerativen Materialien und Recyclingprodukten. Die Städte könnten auf diese Weise freundlicher für Umwelt und Natur werden.

Der Klimaforscher Jürgen Kropp sprach sich mit Blick auf die Hitzetage im Sommer, die sich bis zum Jahr 2100 verzehnfachen würden, gegen eine Verdichtung der Innenstädte mit Steinen und Beton aus, weil diese Materialien die Hitze speichern und in der Nacht abgeben würden. Kropp warb für Holz als Baumaterial, das auf nachhaltige Weise genutzt werden müsse; immer nur so viel, wie auch nachgepflanzt wird. Zusammen mit der Stadt Potsdam werde eine internationale Holzbaukonferenz vorbereitet, kündigte Kropp an.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Pete Heuer stellte die Lösungsansätze der Initiative infrage. Schon heute werde in Brandenburg, in Deutschland und weltweit mehr Holz verbraucht, als neue Bäume gepflanzt werden. „Das Holz, das Sie zusätzlich nutzen wollen, steht nicht zur Verfügung“, sagte Heuer, der eine eigene Präsentation vorbereitet hatte und mit Kropp schließlich ziemlich über Kreuz lag.

Pavillon aus Lehm, Holz und Hanf wird gebaut

Dabei ging es bei der Vorstellung der Bauhaus-Initiative auch um Recycling und die Verwendung anderer nachwachsender Rohstoffe, die im Bauhaus-Lab in Berlin erforscht werden. Noch in diesem Jahr, so Misselwitz, wolle die Bauhaus Erde gGmbH einen Pavillon aus Lehm und Holz mit einem Dach aus Hanf in der Baulücke an der Dortustraße, Ecke Spornstraße errichten. Der „Proto Potsdam“ soll ein Symbol der Bauwende werden, in dem wissenschaftlich gearbeitet, diskutiert und erklärt werden soll. Der Potsdamer Gestaltungsrat hatte dem Projekt mitten in der barocken Innenstadt zugestimmt.

Die politische Auseinandersetzung mit dem Bauhaus ist wohl auch in deren Aufruf zum Erhalt bestehender Bauwerke begründet. Die Initiative hatte sich für den Erhalt des Staudenhofs eingesetzt und ist gegen den Abriss des Rechenzentrums.

„Wir haben nachweisen können, dass der Mensch der Verursacher des CO₂-Anstiegs ist“, sagte Jürgen Kropp über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel. Das sei Konsens bei mehr als 98 Prozent der Wissenschaftler. Das Bauhaus wolle deshalb Angebote entwickeln, um den CO₂-Ausstoß zu minimieren. „Wir wären froh, wenn Sie diese Angebote annehmen“, sagte Kropp.

Das klappte nur bedingt. Willo Göpel (CDU) sagte, dass Holz heute in großen Mengen aus Estland und Finnland nach Deutschland transportiert werde und damit wenig nachhaltig sei. Ziegel würden dagegen vor Ort gebrannt. Die Frage nach Herkunft werde allerdings bei Sand und Beton nie gestellt, entgegnete Anja Günther (Sozial.Die Linke). Auch in Potsdam sei in den vergangenen Jahren noch nicht einmal darüber nachgedacht worden, ob die verwendeten Materialien zertifiziert gewesen seien.

Auf Beton mit selbst verlegtem Laminat ist eine höhere Lebensqualität zu erreichen.

Ralf Jäkel (Linke), Stadtverordneter

Geradezu satirisch klang die Ablehnung von Holz als Baustoff, die Ralf Jäkel (Linke) vortrug. Abermals konnte der Stadtverordnete dabei auf seinen eigenen Erfahrungsschatz zurückgreifen. „Ich habe ein Fahrradhäuschen aus Holz gebaut“, erzählte Jäkel. Er habe auch schon gemauert und gefliest und sei zu der Überzeugung gelangt, dass „mineralische Bauwerke langlebiger sind“. Holz werde nur durch den Einsatz vieler giftiger Chemikalien wetterfest und sei danach Sondermüll. „Stahlträger kann ich wiederverwenden, Holz nicht“, sagte er. Selbst Holzdielen im Altbau hätten keine Qualität, weil die Möbel wackeln würden. „Auf Beton mit selbst verlegtem Laminat ist eine höhere Lebensqualität zu erreichen“, erklärte Jäkel.

Sogar Hochhäuser werden inzwischen aus Holz gebaut

Holz sei als Baustoff lediglich ein Nischenprodukt. „Wir müssen uns von der Fantasterei lösen, dass Holz die Klimaprobleme lösen könnte“, so Jäkel. Brigitte Reimers (SPD) sagte, dass Holz vor allem bei kleinen Fertighäusern Verwendung finde. Potsdam müsse aber Wohnungen, Schulen und Sporthallen bauen. Philipp Misselwitz zeigte dagegen Beispiele unterschiedlicher Bauwerke aus Holz, darunter ein Hochhaus.

Misselwitz rief dazu auf, sich „von alten Praktiken zu lösen“. „Wir müssen uns komplizierte Fragen stellen.“ Das Bauhaus Erde biete keine einfachen Lösungen an. Es gehe auch nicht darum, Stahl und Beton auszuschließen. Die Materialien sollten aber gezielt eingesetzt und auf ein Minimum reduziert werden. „Potsdam hat viele Möglichkeiten, wir helfen gern“, sagte der Architekt, Stadtplaner und Professor an der TU Berlin. Misselwitz bat angesichts der unfreundlich ausgeführten Angriffe auf die Initiative um Höflichkeit im Bauausschuss.

Das Bauhaus wolle dem Klimawandel positive Lösungen statt Verbote und Einschränkungen entgegenstellen, erklärte Misselwitz. „Man wird hier im Bauausschuss noch viel über Klimastress nachdenken müssen“, sagte der Architekt mit Blick auf das in Zukunft anders zusammengesetzte Gremium. „Aber ein klimagerecht umgebauter Schlaatz ist vielleicht ein viel schönerer Schlaatz.“

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