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Der Wohnblock Staudenhof in Potsdam steht vor dem Abriss.

© Andreas Klaer

Abriss des Potsdamer Staudenhofs verzögert sich: Der letzte verbliebene Mieter will bleiben

Die Pro Potsdam will sich mit einer Räumungsklage durchsetzen. Einen Vergleich lehnt der Mieter ab. Auch eine Entscheidung der Vergabekammer könnte den Abriss verzögern.

Eine vor dem Amtsgericht Potsdam verhandelte Räumungsklage des Vermieters Pro Potsdam gegen den letzten im Staudenhof verbliebenen Mieter führte am Donnerstag (27. Juli) nicht zu dem aus Vermietersicht gewünschten Erfolg. Der Mieter lehnte einen vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich ab. Das Gericht werde am 17. August eine Entscheidung verkünden, sagte Sylvio Seidel, Präsident des Amtsgerichts.

Er halte die Kündigung für unbegründet, sagte der Mieter und erklärte, er wolle mit Blick auf die klamme Stadtkasse zusätzliche Kosten für die Stadt durch einen Vergleich vermeiden. Zugleich wies er den Rechtsanwalt der kommunalen Pro Potsdam darauf hin, dass seit mehreren Wochen Möbel in den Fluren des Wohnblocks abgestellt würden und Eingangstüren oft offen stünden. Er forderte die Pro Potsdam auf, die Flure umgehend zu räumen und wies auf bereits zwei Brände in dem Gebäude in den vergangenen Wochen hin. Die Fraktion Die Andere teilte mit, sie werde sich wegen der Forderung an die Geschäftsführung der Pro Potsdam wenden.

Die Pro Potsdam wolle sich mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Mit dem vorletzten Mieter des Staudenhofs hatte sich der Vermieter außergerichtlich geeinigt, dabei soll ein fünfstelliger Betrag den Mieter vom Auszug überzeugt haben. Der nun noch verbliebene Bewohner habe die ihm angebotenen Ersatzwohnungen noch nicht einmal besichtigt, teilte die Pro Potsdam mit. Nun muss der Mieter unter erschwerten Bedingungen leben: Schlösser wurden ausgetauscht, zwischenzeitlich war das Gas abgestellt.

Der Mieter wohnt schon seit vielen Jahren im Staudenhof und will offenbar dort bleiben. Sein Rechtsanwalt Markus Willkomm sagte, der Richter habe eine „zarte Andeutung“ gemacht, wonach die Kündigung des Mietvertrags formell beanstandet werden könnte. Die Pro Potsdam müsste dann eine neue Kündigung mit entsprechender Frist aussprechen. Doch auch nach einer Entscheidung des Amtsgerichts wäre das Urteil nicht rechtskräftig, wenn innerhalb von vier Wochen dagegen Rechtsmittel eingelegt werden und dann das Landgericht entscheiden müsste. Ein jahrelanger Rechtsstreit durch die Instanzen könnte folgen.

Vergabekammer entscheidet zum Abrissauftrag

Ein weiteres Verfahren könnte den Abriss des Staudenhofs verzögern. Ein Bieter zur Vergabe der Abrissarbeiten hatte vor der Vergabekammer des Landes Brandenburg eine Überprüfung des Verfahrens gefordert. Kommende Woche werde dazu entschieden, sagte die Präsidentin der Vergabekammer den PNN. Sechs Firmen hatten sich an der Ausschreibung beteiligt.

Gegen den Abriss des Staudenhofs hat es in den vergangenen Jahren zahlreiche Proteste gegeben.
Gegen den Abriss des Staudenhofs hat es in den vergangenen Jahren zahlreiche Proteste gegeben.

© Ottmar Winter

Die Verzögerung des Staudenhof-Abrisses nährt die Hoffnung der Abrissgegner. Denn nach mehreren Beschlüssen der Stadtverordneten zum Abriss könnte die Kommunalwahl 2024 für neue Mehrheiten in der SVV sorgen. Vermutlich wird es eine erneute Abrissdebatte geben, sollte der Wohnblock dann noch stehen.

Der DDR-Plattenbau soll abgerissen werden, um Platz für eine Neubebauung zu machen. Zunächst wird das Baufeld jedoch als Logistikfläche für die Neubauten samt Studentenwohnheim und neuer Volkshochschule am Bildungsforum benötigt. Die Stadtverordnete Anja Günther (Sozial.Die Linke) forderte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) auf, den Abriss zu stoppen, den Staudenhof mit seinen 180 Wohnungen für sechs Millionen Euro instand zu setzen und als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen.

Es sei „absurd, nicht nachvollziehbar und maximale Steuerverschwendung“, dass stattdessen im Landschaftsschutzgebiet Nedlitzer Holz für mindestens 19 Millionen Euro und nur für den Zeitraum von drei Jahren temporäre Flüchtlingsunterkünfte gebaut werden sollen, sagte Günther. Zusätzlich werde ein Bürogebäude ohne Dusch- und Kochmöglichkeiten ertüchtigt.

Schubert könne von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und den Abriss stoppen. „Es gibt keinen Beschluss, jetzt sofort abzureißen“, sagte Anja Günther. Sie stellte auch infrage, ob die Abrissleistung überhaupt vergeben werden kann, solange über die Räumungsklage gegen den Mieter nicht entschieden wurde. Außerdem forderte sie eine Aktualisierung der Abrisskosten, die bisher mit 2,6 Millionen Euro, davon 1,6 Millionen Euro Städtebaufördermittel, beziffert würden.

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