zum Hauptinhalt
Das Justizzentrum Potsdam mit dem Landgericht (Symbolbild)

© dpa/Christoph Soeder

Erste Plädoyers im Waldstadt-Mordprozess: Lange Haftstrafe und Psychiatrie für Angeklagten gefordert

Christian P. fuhr laut des Anklagevertreters mit Tötungsabsichten zu seiner Ex-Verlobten. Dennoch plädierte er nicht auf lebenslänglich.

Staatsanwalt Peter Petersen fand klare Worte für den Angeklagten. „Sie werden es nicht noch einmal erleben, dass sie unbehandelt in Freiheit kommen“, sagte der Anklagevertreter am Freitag bei seinem Plädoyer im Mordprozess um die brutale Tötung einer Frau in ihrer Wohnung in der Waldstadt. Vor der Ersten Strafkammer des Landgericht forderte Petersen für den Mann 15 Jahre Freiheitsentzug wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung, ferner beantragte er den Maßregelvollzug in einer Psychiatrie. Das Urteil wird am 11. November erwartet.

Sie sollte sterben, weil ihm die Trennung unerträglich erschien.

Staatsanwalt Peter Petersen

Petersen erklärte, der 41-jährige Christian P. sei am Tattag, dem 1. März, bereits mit Tötungsabsichten zur Wohnung seiner Ex-Verlobten gefahren. Diese hatte sich wenige Tage zuvor wegen seiner Drogensucht von ihm getrennt – unter anderem nachdem der Angeklagte zuvor laut Petersen die schon angeschafften Trauringe für neue Betäubungsmittel verkauft habe. Doch den Schlussstrich habe der Angeklagte nicht hinnehmen wollen.

„Sie sollte sterben, weil ihm die Trennung unerträglich erschien“, sagte Petersen. Zudem sei P. – grundlos – eifersüchtig gewesen und habe nach dem Motto gehandelt: „Wenn ich dich nicht haben kann, dann darf das auch kein anderer.“ Damit sei ein Mordmerkmal erfüllt, hieß es – nämlich das Motiv des niedrigen Beweggrunds. Bei der Tat hatte er zudem die Tochter seiner Ex-Frau, eines ihrer drei Kinder, schwer mit mehreren Messerstichen verletzt.

Staatanwalt Peter Petersen - hier auf einem Archivbild von 2016.
Staatanwalt Peter Petersen - hier auf einem Archivbild von 2016.

© dpa

Dass Petersen keine lebenslange Haftstrafe für den Mann forderte, liegt an dessen psychischen und seelischen Störungen, die ihm der forenische Psychiater vor Gericht attestiert hatte. Daher müsse man von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgehen, so Petersen.

Zugleich habe der Angeklagte keine Reue und Unrechtseinsicht gezeigt, die Folgen seines Handelns seien ihm völlig gleichgültig gewesen. So habe sich die Aussage des Angeklagten am ersten Prozesstag, dass er sich gegen einen Angriff des Sohnes seiner Ex-Partnerin habe wehren müssen und er sich an die eigentliche Bluttat danach nicht erinnern könne, von vorne bis hinten als falsch erwiesen, sagte der erfahrene Staatsanwalt, der seit Jahren die wichtigsten Strafverfahren in Potsdam begleitet.

Staatsanwalt legt sich fest: Kein Justizskandal

Petersen nutzte sein Plädoyer auch, um den in der „Märkischen Allgemeinen“ erhobenen Vorwurf zurückzuweisen, bei dem Fall handele es sich um eine Justizskandal: „Das ist nicht so.“ So hatte es die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts in Frankfurt/Oder nur rund zwei Wochen vor der Tat abgelehnt, den wegen Gewaltdelikten schon mehrfach vorbestraften Mann erneut in den Maßregelvollzug zu schicken.

Dies hatte bereits die Landesjustizministerin Susanne Hoffmann als tragische Fehleinschätzung benannt, die aber nicht durch strukturelle Versäumnisse bei Behörden zu erklären sei. Unter anderem hatte die Bewährungshelferin von P. gewarnt, dass seine Partnerin zum Opfer werden können.

Petersen sagte, das Frankfurter Gericht habe es sich nicht leicht gemacht bei seiner Entscheidung, mehrere Experten hinzugezogen – und versucht, dass Restrisiko durch ein Gefüge von Auflagen zu minimieren. „Wir leben glücklicherweise in einer Gesellschaft“, in der Menschen auch nach Straftaten wieder „Chancen eingeräumt bekommen“, so Petersen. Wer das nicht wolle, müsse seinen Wohnsitz sehr viel weiter östlich verlegen – etwa nach Nordkorea.

Viele Stellen hätten sich bemüht, dass P. nicht wieder gewalttätig werde, sagte Petersen. Erschwerend für die Beurteilung sei es hier gewesen, dass seine Partnerin erste Gewalttätigkeiten im Winter vor der Tat bagatellisiert habe.

Seinen Ausführungen folgten im Wesentlichen die Vertreter der Nebenklage – die betonten, dass es wegen der Folgen der Tat keine Strafmilderung geben dürfe. Nebenklagevertreterin Elke Beyer erinnerte an das zur Tatzeit erst ein Jahr alte Kind des Paares, dass während der Tötung seiner Mutter im Nebenzimmer lag und nun in einer Pflegefamilie lebt.

„Irgendwann wird der Tag kommen, wo das Kind wissen möchte, wer seine Mutter und sein Vater waren.“ Die Antwort, so Beyers Sorge, könnte traumatisierend wirken und Therapiebedarf auslösen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false