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Der Wohnblock Staudenhof am Alten Markt

© PNN / Andreas Klaer

Flüchtlinge und Staudenhof-Abriss: Potsdam muss sich in Krisenzeiten flexibler zeigen

Verbissen hält die Stadtspitze am Sommer als Abrissdatum für den Wohnblock fest. Das sollte sie allerdings endlich transparent begründen.

Ein Kommentar von Henri Kramer

Eines ist schon heute klar: Auf schnelle Hilfe vom Bund können Städte wie Potsdam derzeit nicht hoffen. Das hat der viel kritisierte Flüchtlingsgipfel der Bundesinnenministerin nach Einschätzung vieler Experten gezeigt. Im Vorfeld hatte auch Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) via Twitter gefordert, dass für gelingende Integration vor allem Erleichterungen beim Wohnungsbau für alle Bürger und mehr Mittel für Kita und Schule nötig seien, gerade mit Blick auf die Kommunen. Die Ergebnisse seien ernüchternd, meinte Schubert danach.

Dabei tut Potsdam schon viel, trotz Teuerung. Entlastung soll vor allem ein von Rathaus und Pro Potsdam vorangetriebenes Sonderbauprogramm für Sozialbauten schaffen - doch werden die ersten 300 Wohnungen am Wieselkiez am Schlaatz und in der Gluckstraße am Stern trotz Rekordbauzeit nicht vor Anfang 2024 fertig.

Zugleich kommen weitere Flüchtlinge in die Stadt, für die bei einer Wohnungsleerstandsquote von 0,6 Prozent kaum Platz zu finden ist. In so einer Lage ist es nur verständlich, dass auch die Abrissentscheidung für den Staudenhof hinterfragt wird - und sei es nur ein erneuter Aufschub. Und auch der Migrantenbeirat hat nicht ganz unrecht mit seiner aktuellen Kritik, dass unter dem Abriss auch jene Flüchtlinge leiden werden, die seit Jahren in Gemeinschaftsunterkünften leben - oder „mit viel zu vielen Personen in viel zu kleinen Wohnungen“. Denn auch für diese Personen wird die Chance auf geeigneten Wohnraum kleiner, wenn 180 Wohnungen wegfallen.

Die Pro Potsdam hält dagegen - schon aus Verkehrssicherungsgründen sei der Staudenhof nach dem 30. Juni nicht mehr nutzbar. Das mag sein: Doch wo ein Wille und Geld da ist, kann auch ein Weg liegen. Wichtig wäre eine Variantenbetrachtung: Wie viel kostet denn ein Jahr Staudenhof länger gegenüber den neuen Container-Anlagen oder Hotelzimmern, die angemietet werden? Und was passiert, wenn noch viel mehr Flüchtlinge kommen - und dann vielleicht Turnhallen zur Disposition stehen? Dennoch abreißen? Besondere Krisenzeiten benötigen flexiblere Antworten, gerade aus humanitären Gründen.

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