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Musikfestspielen Potsdam Sanssouci »David et Jonathas«Marc-Antoine CharpentierEine Koproduktion der Opéra Royal/Château de Versailles Spectacles mit den Musikfestspielen Potsdam SanssouciAbdruck honorarfrei nur bei Angabe des Copyrights:© Stefan Gloede/Musikfestspiele Potsdam SanssouciFoto 2: Caroline Arnaud JONATHAS, Solisten des PETIT CHOEUR, Tänzer:innen des BALLET DE L’OPÉRA ROYAL DU CHÂTEAU DE VERSAILLES

© Stefan Gloede/Musikfestspiele Potsdam Sanssouci

Barockoper bei den Musikfestspielen: Opéra Royal bringt Pomp nach Potsdam

Bei den Musikfestspielen wurde in der spartanischen Erlöserkirche üppige Pomp zelebriert: Die biblische Männerfreundschaft zwischen David und Jonathas kam als Barockoper nach Potsdam.

Vom prachtvollen Hochbarock der katholischen Königlichen Kapelle des Schlosses Versailles begab sich die Opéra Royal / Chateau de Versailles Spectacles mit Solisten, seinem Ballettensemble sowie dem Chor und Orchester des Ensembles Marguerite Louise in die eher spartanische neugotische Erlöserkirche nach Potsdam. Die wurde damit erstmals Ort einer Opernaufführung der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Auf dem Programm stand an zwei Abenden die biblische Tragödie „David et Jonathas“ von Marc-Antoine Charpentier.

Für die meisten Opernaufführungen der französischen Barockzeit war üppiger Pomp nicht zu umgehen: Die Zeiten, in denen sie am Königshof und in Adelshäusern präsentiert wurden, waren von übersprudelnder und sinnlicher Prachtentfaltung. Da war auch Charpentier ganz und gar Kind seiner Zeit. Zwar wurde er von dem Hofkapellmeister Jean-Baptiste Lully in den Schatten gedrängt, was man durchaus als Kompliment bewerten kann, denn Lully fürchtete Charpentier als Konkurrenten für seine Position am Hofe des Sonnenkönigs. Zwar kennt fast jedes Kind heutzutage die Eurovisions-Hymne aus dem Präludium des Te Deum von Charpentier, aber ansonsten? Heute ist man Charpentiers Werken jedoch immer mehr auf der Spur.

So war es ein Ereignis, dass Opéra Royal aus Versailles „David et Jonathas“ in Zusammenarbeit mit den Musikfestspielen in Potsdam produzierte. Erzählt wird die berühmte Männerfreundschaft aus dem Alten Testament zwischen David, dem Hirten und Auserwählten Gottes, der mit einer Steinschleuder den Philister-Riesen Goliath besiegt, und Jonathas. Statt dankbar zu sein, wird der depressive König Saul eifersüchtig auf ihn und sucht ihn zu töten.

David sucht die Freundschaft mit Sauls Sohn Jonathas. Daraus entspringt zwischen beiden Männern eine tiefe Liebe. Als Jonathas in der Schlacht gegen die Philister tödlich verwundet wird, findet David in seiner Klage ergreifenden Ausdruck: „Du warst mir sehr lieb. Wunderbarer war deine Liebe für mich als die Liebe der Frauen.“

Heutzutage hätte man aus der Dreiecksgeschichte ein intim-psychologisches Kammerspiel verfasst, in der Barockzeit war die Lust am überbordenden Spektakel jedoch konstitutiv. Augen und Ohren sollten betört werden. Kunstvolle und prunkvolle Bühnenbilder und Kostüme, ein großes Aufgebot von Sängerinnen und Sängern als Solisten und im Chor, Balletttänzerinnen und -tänzer sowie ein reich besetztes Orchester waren gang und gäbe.

Musikfestspielen Potsdam Sanssouci »David et Jonathas«Marc-Antoine CharpentierEine Koproduktion der Opéra Royal/Château de Versailles Spectacles mit den Musikfestspielen Potsdam SanssouciAbdruck honorarfrei nur bei Angabe des Copyrights:© Stefan Gloede/Musikfestspiele Potsdam SanssouciFoto 1: Solisten des PETIT CHOEUR, Tänzerinnen des BALLET DE L’OPÉRA ROYAL DU CHÂTEAU DE VERSAILLES

© Stefan Gloede/Musikfestspiele Potsdam Sanssouci

Charpentiers Komposition ist dicht, komplex und abwechslungsreich, zart in den Liebesbekundungen zwischen David und Jonathas, tiefe Trauer im Klagegesang des David, expressiv in der Eifersucht und im Hass des Königs Saul. Da rufen auch die Trommeln und Trompeten zur Schlacht, da werden mit Windpfeife und Donnerblech die Elemente zum Grollen gebracht und fröhlich rhythmisierte Volkstänze fließen in die tragische Geschichte ganz natürlich ein. Die große Orchesterbesetzung wird gewissermaßen zum Hauptakteur des Dramas. Des Dirigenten Gaétan Jarry temperamentvoller Zugang zur Partitur trug dazu entscheidend bei. Seine schwungvoll-wippenden Bewegungen signalisierten die Innenspannung, die er mit dem wunderbar disponierten Orchester sowie den Sängerinnen und Sängern der Solopartien und der beiden Chöre entwickelte. Leidenschaftlich ließ er die großen Emotionen der Musik zu Wort kommen.

Musik, Spiel, Tanz und Gesang wurden in der Regie von Marshall Pynkoski sowie in der Choreografie von Jeannette Lajeunesse Zingg zu einem Gesamtkunstwerk. Die Szenerie spielt sich vor einem riesigen Bühnenbild-Monstrum (Antoine und Roland Fontaine) ab, das mal als Palast, Herberge der Wahrsagerin oder Kriegsschauplatz bedacht wird. In ihrem Äußeren entsprachen die Bühnenfiguren der höfischen Gesellschaft. Der Star-Designer Philippe Lacroix schuf elegante und prachtvolle Kostüme, die sich auch am Hof Ludwigs XIV. hätten sehen lassen können.

In diesem Ambiente spielt sich also die Geschichte ab, die von Pynkoski und Zingg in großen Zusammenhängen gedacht, in bewegenden und farbigen Bildern auf die Bühne gebracht wurden. Der Inszenierungsrhythmus wurde stets der Atmosphäre und dem Tempo der Musik entnommen, sodass das Machtgebaren Sauls, das kriegerische Geschehen und die warmherzigen Freundschafts- und Liebesbekundungen sich glaubhaft entfalten konnten.

Der Tenor David Tricou als David begeisterte mit kraftvollen Höhen und großer Beweglichkeit im kunstvollen Klangbild. Die Sopranistin Caroline Arnaud mit ihrer eher zarten Stimme war eine wunderbare Besetzung für den jungen Jonathas. Ungestüm und doch immer kontrolliert sang der Bariton David Witczak den von Hass erfüllten Saul.

Es gab langen Beifall für ein gelungenes Kennenlernen einer weiteren Barockoper bei dem Musikfestival.

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