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Stephan Malinowski lehrt Geschichte an der Universität von Edinburgh.

© Manfred Thomas Tsp/MANFRED THOMAS TSP

„Der Kronprinz war eine Flasche“: Stephan Malinowski spricht bei Lit:Potsdam über die Hohenzollern

Der Historiker ist Experte für deutsche Adelsgeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus. Im Potsdam Museum sprach er über die Anziehungskraft des Adels und das Erbe der Hohenzollern.

Manchmal stehen Ernst und Lächerlichkeit nahe beieinander. Selten so nah wie im Fall Wilhelm II., nachdem er das Neue Palais gegen das Exil im niederländischen Doorn eingetauscht hatte. Von dort ist aus dem Jahr 1923 überliefert, dass der Ex-Monarch über Land spazierte und jedem Schwein, das er erblickte, einen Gruß zurief: „Guten Tag, liebes Schweinchen, guten Tag!“

Was zu absurd klingt, um wahr zu sein, berichtete einer, der zu den Kundigsten in Sachen Preußen-Geschichte überhaupt gehört: der Historiker Stephan Malinowski. Er war am Donnerstag (29.6.) auf Einladung des Festivals Lit:Potsdam, das am Sonntag zu Ende geht, zu Gast im Potsdam Museum. 2021 erschien sein Buch „Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration“, 2022 erhielt er dafür den Deutschen Sachbuchpreis.

Klagewelle der Hohenzollern

Das Haus Hohenzollern hatte eine Klagewelle ohne Gleichen über jene ergossen, die kritisch NS-Verquickungen der Hohenzollern beleuchten, auch Malinowski. Vom Land Brandenburg hatte es eine Millionen-Entschädigung für von den Sowjets enteignete Schlösser gefordert. Beides wurde erst kürzlich fallen gelassen.

Was aber bleibt, diesem Podium zufolge? Erstens Malinowskis unverdrossen dargelegte Gewissheit, dass weitere Klagen kommen werden. Der häufig verwendete, ironisch intonierte Konjunktiv zeigte es. Zweitens die Beobachtung, dass die Faszination für den Adel mehr gilt denn je. Malinowski nennt sie eine Sehnsucht nach der „Wiederverzauberung der Welt“.

Drittens: Der Kronprinz, der sich Hitler andiente, um wieder an die Macht zu gelangen, „war eine Flasche“, auch Louis Ferdinand, der als „der Demokrat“ unter den Hohenzollern gilt, hat vehement „dem Widerstand widerstanden.“

Zuletzt: Nur lächerlich waren Wilhelms Schweine-Grüße mitnichten. Sondern Überbleibsel eines Kriegsrituals, mit dem man denen an der Front Glück wünschte. Der Krieg war für den Ex-Kaiser 1923 nicht vorbei. Und für die junge Republik nicht die Suche nach dem starken Mann.

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