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Hands Up von Ofir Yudilevitch und Imogen Huzel // Saisoanauftakt Fabrik Potsdam 2023

© Natasha Shakhnes

Saisonauftakt in der Potsdamer fabrik: Handstand, Schlagsahne und Begräbnisfeierlichkeiten

„Tanz trifft.“ ist das Motto der neuen Spielzeit. Neben Angeboten für Kinder und Jugendliche wird in einer Performance auch der Kapitalismus feierlich beerdigt.

Von Astrid Priebs-Tröger

Zirzensisch, verspielt und philosophisch – so gestaltete sich der Saisonauftakt in der fabrik, als die englische Handstandakrobatin Imogen Huzel gemeinsam mit dem israelischen Choreografen Ofir Yudilevitch am Freitagabend (15.9.) dort mit „Hands up“ die neue Spielzeit eröffnete.

Die junge Frau zeigte in ihrem kurzen Solostück, wie viel Tanz und Akrobatik miteinander verbindet und dass vor allem „das Fallen“ – im Circus wie im richtigen Leben – „nicht das Ende ist“. Eine starke Metapher in dieser von multiplen Krisen gebeutelten Welt. Zwei weitere israelische Choreograf:innen werden bis zum Jahresende in dem Tanzzentrum in der Schiffbauergasse zu erleben sein.

„Tanz trifft.“ – ist zum wiederholten Mal das fabrik-Spielzeitmotto und Laurent Dubost, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, sagt, dass ihn Tanz vor allem emotional trifft. Und dass er froh ist, dass er in die Zwischenräume, die dieser lässt beziehungsweise, die Räume, die er nonverbal eröffnet, eigene Gedanken und Gefühle einbringen kann.

Antike Mythen und moderne Frauenbilder

Deswegen ist das Motto bewusst mehrdeutig gewählt und das Team der fabrik hat sowohl Produktionen eingeladen, die sich beispielsweise mit antiken Mythen und Bildender Kunst auseinandersetzen als auch solche, die Facetten moderner Frauenbilder reflektieren. Oder wie in einer immersiven Performance der Potsdamer Choreografin Laura Heinecke „Feierlichkeiten zur Beerdigung des Kapitalismus“ mit dem Publikum zelebrieren und damit auch zum Nachdenken über gesellschaftliche Alternativen anregen.

Doch bevor es Mitte November so weit ist, gehört vom 23. bis 27. September die fabrik-Bühne dem vierten „explore dance“–Festival für junges Publikum. Und fünf sogenannte Pop-up-Formate aus Italien, Hamburg, Berlin und München sind auf der großen Bühne zu sehen, um Kindern ab sechs Jahren, Jugendlichen bis 14 sowie Familien und Schulklassen (erste) Begegnungen mit zeitgenössischem Tanz zu ermöglichen.

Seit 2018 läuft das explore dance Programm, das eine bundesweite Kooperation zwischen Potsdam, München, Hamburg und Dresden/Hellerau begründete und durch den Tanzpakt Stadt-Land-Bund bis Ende 2023 gefördert wird.

Zusage für weitere Förderung

„Jetzt ist der Moment, wo es fruchtet“, sagt Laurent Dubost - und die fabrik hat vor Auslaufen der Bundesförderung für 2024 bereits die Zusage vom Land Brandenburg, explore dance ab diesem Zeitraum mit 50.000 Euro pro Jahr weiterzuführen. Die gleiche Summe ist auch bei der Stadt Potsdam beantragt.

Sven Till, der als künstlerischer Leiter für explore dance verantwortlich zeichnet, ist optimistisch, dass auch in diesen haushalterisch schwierigen Zeiten, die Arbeit mit und für Kinder und Jugendliche weiter gefördert wird. Denn die Bilanz dieses bundesweiten Netzwerkformates kann sich sehen lassen: Es entstanden 28 Produktionen mit über 120 beteiligten Künstler:innen, die bundesweit an mehr als 225 Veranstaltungsorten gezeigt wurden und die Schüler:innen von über 300 Schulen beteiligten.

In Potsdam arbeitet explore dance unter anderem mit der Rosa-Luxemburg Schule, der Voltaire Gesamtschule oder dem Schulzentrum am Stern zusammen und während die fabrik noch vor wenigen Jahren für eine Teilnahme intensiv werben musste, kommen jetzt immer mehr Schulen von sich aus auf sie zu.

Comic-Welten und Superheld:innen

In den Festivaltagen ab kommendem Wochenende besteht die Möglichkeit, neben zwei bekannten auch drei neue Produktionen auf der großen Bühne zu sehen. „Schlagsahne“ ist ein Stück für Kinder ab sechs Jahren, in dem es um Wut geht, die auch mittels Schlagzeug ausagiert wird. In „Splaash“, das für ältere Kinder geeignet ist, geht es dagegen um Comic-Welten und Superheld:innen und das Stück fragt, wie mit Körpern Geschichten erzählt werden.

Sven Till, künstlerischer Leiter, und Laurent Dubost, Öffentlichkeitsarbeit, Marketing

© Andreas Klaer

Nach dem Festival steht die erste von zwei Deutschlandpremieren an. Der arabische Choreograf Adi Boutrous, der bereits 2021 bei den Tanztagen mit „One more thing“ gastierte, stellt in „Reflections“ eine Verbindung zu einer Vergangenheit her, in der das Schöne und das Gerechte gleichbedeutend waren. Drei Männer und eine Frau bewegen sich in einem Bühnenbild aus Tüchern und lassen die großen mythischen Erzählungen der Vergangenheit in der Gegenwart nachklingen.

Die zweite Deutschlandpremiere fällt in die Weihnachtszeit und verspricht eine „Afrikan Party“, die in der Zukunft und aus der Sicht eines Kindes stattfindet und die vielfältigen Kulturen dieses Kontinents feiert.

Um die Vernetzung der verschiedenen Tanzakteur:innen im Flächenland Brandenburg voranzutreiben, wurde 2023 in Kooperation mit der Tanzwerkstatt Cottbus die Tanzinitiative Brandenburg gegründet. Auch in der fabrik werden zukünftig verstärkt Tanzkompanien aus der Region zu erleben sein.

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