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In Potsdam geht die Zahl der Straftaten zurück.

© Ottmar Winter PNN / Foto: PNN/Ottmar Winter

„Anzeigeeffekt“ ist ein Grund: Über 70 Prozent nichtdeutsche Tatverdächtige bei Raub in Potsdam

Die AfD Potsdam sieht in der Landeshauptstadt ein Problem mit Ausländerkriminalität. Polizei und Innenministerium widersprechen.

Nichtdeutsche Tatverdächtige sind bei bestimmten Straftaten in Potsdam überrepräsentiert: Im Bereich „Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer“ etwa lag der Anteil 2021 in Potsdam bei 72,7 Prozent, bei „Sonstige Raubüberfälle auf Straßen, Wegen oder Plätzen“ waren es sogar 79,3 Prozent. Bei Vergewaltigungen wurden 44 Prozent nichtdeutsche Tatverdächtige registriert, bei gefährlicher Körperverletzung waren es 41,1 Prozent. Die häufigsten Herkunftsländer waren dabei Syrien, Polen, Russland, Moldau und Rumänien.

Dies geht aus der Antwort des brandenburgischen Innenministers Michael Stübgen (CDU) auf eine Anfrage des AfD-Landtagsabgeordneten Dennis Hohloch hervor. Der Kreisvorsitzende der AfD schlussfolgert daraus: „Die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt zum einen, dass Potsdam offenbar ein Problem mit Ausländerkriminalität hat. Zum anderen aber auch, dass sich die Sicherheitslage seit 2015 nicht maßgeblich verbessert hat.“

Straftaten gehen seit vielen Jahren zurück

Das brandenburgische Innenministerium und die Polizeidirektion West kommen zu einer anderen Einschätzung: „Es ist festzuhalten, dass aus Sicht des Innenministeriums jede Straftat eine zu viel ist, unabhängig von der Herkunft des Tatverdächtigen“, sagt Ministeriumssprecher Martin Burmeister. „Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass die absoluten Zahlen der Straftaten rückläufig sind.“ Tatsächlich ist die Zahl der Straftaten in Potsdam zwischen 2018 und 2021 um 20 Prozent zurückgegangen. Im Falle von „Raub, räuberischer Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer“ sanken die Fälle innerhalb der letzten fünf Jahre von 125 auf 85.

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Auch sonst sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen: „Die Erfassung als ‚Tatverdächtiger‘ ist nicht mit dem Begriff ‚Täter‘ gleichzusetzen“, sagt Stefanie Wagner-Leppin, Sprecherin der Polizeidirektion West. Konkrete Zahlen für Potsdam gibt es nicht, aber laut dem Soziologen Rainer Geißler gehört im Allgemeinen nur ein Drittel der Tatverdächtigen in der Kriminalstatistik am Ende auch zu den gerichtlich Verurteilten.

Nichtdeutsche werden schneller angezeigt als Deutsche

Dass Nichtdeutsche so häufig als Tatverdächtige registriert werden, hängt auch mit dem sogenannten „Anzeigeeffekt“ zusammen: Nichtdeutsche werden aufgrund von Vorurteilen schneller eines Verbrechens verdächtigt als Deutsche - dementsprechend werden sie auch häufiger angezeigt.

Ein weiterer Faktor ist die Aufklärungsquote, denn nicht bei jeder Straftat können auch Tatverdächtige ermittelt werden: 2021 lag die Aufklärungsquote bei den vier oben genannten Deliktfeldern zwischen 60 und 80 Prozent. „Daher sind prozentuale Bewertungen zur Herkunft von Tatverdächtigen nur bedingt aussagefähig“, sagt Martin Burmeister.

„Überdies weist die Polizeiliche Kriminalstatistik die Zahl ‚nichtdeutscher Tatverdächtiger‘ bezogen auf den Tatort aus - nicht bezogen auf den eigentlichen Wohnort“, betont Wagner-Leppin. Das heißt, dass auch Personen erfasst wurden, die sich zum Beispiel als Tourist:innen in Potsdam aufgehalten haben, die auf der Durchreise waren oder die sich gezielt für Straftaten hierher begeben haben. Schätzungen gehen davon aus, dass dies auf ein Viertel bis ein Drittel der nichtdeutschen Tatverdächtigen zutrifft, die in der Kriminalstatistik auftauchen.

Soziale Faktoren ausgeblendet

Ebenfalls berücksichtigt werden muss, dass Nichtdeutsche häufiger in schwierigen sozialen Verhältnissen leben als Deutsche: Dazu gehört etwa der schlechtere Zugang zu Bildung, Arbeit oder Wohnraum. All dies sind Faktoren, die Kriminalität begünstigen – bei Deutschen wie Nichtdeutschen.

Aufgrund all dieser Umstände kam das Bundeskriminalamt schon 2010 zu dem Ergebnis: „Diese Daten dürfen nicht mit der tatsächlichen Kriminalitätsentwicklung gleichgesetzt werden. Sie lassen auch keine vergleichende Bewertung der Kriminalitätsbelastung von Deutschen und Nichtdeutschen zu.“ Ähnlich äußert sich Stefanie Wagner-Leppin: „Direkte Vergleiche sind in der Regel nicht möglich beziehungsweise nicht seriös.“

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