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Jan-Martin Wiarda

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Wiarda will’s wissen: Es ist Zeit, zu kämpfen

Die Wissenschaft zieht sich zurück von der Plattform X. Damit fallen Stiftungen und Universitäten aber auf die Strategie von Antidemokraten und Freiheitsgegnern herein. Jetzt ist nicht die Zeit zum Rückzug.

Eine Kolumne von Jan-Martin Wiarda

Es war der letzte Post der Volkswagen-Stiftung, Deutschlands größtem privaten Forschungsförderer, auf „X“. „Wir treten ein für eine demokratische Gesellschaft, für Menschenwürde, faktenbasierte Information und konstruktiven Dialog. Da dies aus unserer Sicht hier nicht mehr möglich ist, werden wir unseren Account bis auf Weiteres stilllegen.“

Ihren Rückzug von dem Netzwerk, das früher Twitter hieß, verkündeten am vergangenen Mittwoch zeitgleich auch die Robert-Bosch-Stiftung, die Stiftung Mercator, die Zeit-Stiftung und der Bundesverband Deutscher Stiftungen – mit Verweis auf den ethisch-moralischen Absturz der Plattform seit ihrer Übernahme durch Elon Musk.

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„Hate Speech und Falschinformation, die Verbreitung extremistischer Propaganda und die Hetze gegen Minderheiten können wir nicht tolerieren“, hieß es in einer Pressemitteilung des Bundesverbands. „Mit unserer konzertierten Aktion laden wir andere Stiftungen ein, unserem Beispiel zu folgen.“

In den Wochen und Monaten zuvor hatten bereits mehrere Hochschulen „X“ den Rücken gekehrt, die Hochschule Darmstadt etwa oder die Uni Bremen, die ihre Accounts jeweils sogar ganz abschalteten. Sie taten es auch nicht-wissenschaftlichen Institutionen gleich, der Stadt Bremen, zum Beispiel, dem Deutschlandfunk oder dem Otto-Versand.

Ist es insofern nichts Besonderes, wenn auch Wissenschaftsorganisationen und Wissenschaftsförderer gehen? Ich glaube: doch.

Twitter war einmal ein wichtiger Ort der politischen Meinungsbildung, auch in Deutschland, und gerade des Austauschs zwischen Wissenschaft, Politik und Medien. Viel, vielleicht zu viel davon ist bereits, womöglich unwiederbringlich, zerstört. Und doch: So frustrierend die Kommunikation auf „X“ mitunter geworden ist und so nachvollziehbar die Erschöpfung angesichts des ätzenden Trommelfeuers menschlicher und maschineller Hassproduzenten, so wichtig ist es, die Stimmen der Aufklärung gerade dort nicht verstummen zu lassen, wo sie am stärksten bekämpft werden. Das Bekenntnis zu unseren Werten, die Weitergabe wissenschaftlicher Erkenntnisse, das Absetzen von Botschaften der Vielfalt und der Toleranz sind dort am meisten wert, wo sie am wenigsten gehört werden mögen.

Das heißt nicht, dass man über jedes zur Provokation hingehaltene Diskursstöckchen springen muss, man darf ignorieren. Es ist in Ordnung, die Antwortfunktion unter eigenen Posts zu beschränken. Auch ist es gut, die Präsenz in alternativen Netzwerken aufzubauen und damit deren Entwicklung zu fördern. Solange die Flagge demokratischer Werte und Institutionen hochgehalten wird – und denen ein Dorn im Auge ist, die sie aus den Diskursräumen vertreiben wollen.

Denn genau das gehört zu den Grundstrategien von Antidemokraten und Freiheitsgegnern: Die Macht über das zu erlangen, was, wie, wo gesagt werden kann. Auch für die Wissenschaft ist jetzt die Zeit zum Kämpfen, nicht zum Weichen.

Alle „Wiarda will’s wissen“-Kolumnen finden Sie hier.

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