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Der russische Präsident Wladimir Putin (Archivbild)

© Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin

Das Dilemma der russischen Elite: „Es gibt ein Verständnis dafür, dass der Krieg nicht gewonnen werden kann“

Die russische Elite ist sich offenbar sicher: Der Krieg in der Ukraine ist verloren. Gegen Putin aufzubegehren, traut sich trotzdem niemand.

Putins Truppen müssen bei ihrem Angriffskrieg in der Ukraine derzeit empfindliche Niederlagen einstecken und ziehen sich aus umkämpften Städten, die der Kremlchef gerade noch als russisch deklariert hatte, zurück.

Die Rückschläge sind so erheblich, dass sie selbst in Russland nicht mehr verschwiegen werden können. Nach einer Anweisung des Kremls berichtet nun sogar das russische Staatsfernsehen.

Ein weiterer Rückschlag: Durch Explosionen wurde am Samstag die Krimbrücke und damit eine wichtige Versorgungsroute der russischen Armee schwer beschädigt.

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Seit der russischen Teilmobilmachung Ende September steigt die Sorge in der Bevölkerung, berichtet die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstag. Erstmals seit Beginn des Angriffskrieges stellten demnach einige Menschen den Fortschritt der Invasion – oder der „militärischen Spezialoperation“ wie sie in Russland genannt wird – infrage.

„Je höher man kommt, desto mehr Verzweiflung spürt man. Es gibt jetzt ein allgemeines Verständnis dafür, dass der Krieg nicht gewonnen werden kann“, erklärt ein Journalist des russischen Staatsfernsehens, der anonym bleiben will, dem „Guardian“. Die politische Elite sei von „intensiver Furcht“ ergriffen.

Wenn man Putin loswerden will, muss man in der Lage sein, schnelle Ergebnisse zu liefern, aber jeder weiß, dass das im Moment nicht möglich ist.

Politikwissenschaftler Dimitri Oreshkin im „Guardian“

Mindestens 70 Prozent der russischen Spitzenbeamten seien gegen den Krieg, führt Jewgenia Albats gegenüber der britischen Tageszeitung weiter aus. Die russische Investigativjournalistin und Herausgeberin des russischen Nachrichtenmagazins „The New Times“ habe ihre Heimat vor Kurzem verlassen, weil sie wegen ihrer Berichterstattung wiederholt angegriffen wurde, heißt es in dem Bericht.

Putin müsse sich aber zurzeit noch keine Sorgen machen, dass die Kriegsgegner in der russischen Elite einen Putsch anzettelten. „Sie haben große Angst“, sagt Albats dem „Guardian“. Und selbst wenn sich einflussreiche Russ:innen gegen Putin verbünden wollten, bleibe ein großes Problem: „Wo sollen sich diese Leute überhaupt treffen? Die Telefone sind angezapft, die Wohnungen sind angezapft.“

Putins Verbündete haben ihren Sündenbock derweil schon gefunden: Tschetschenen-Führer Ramzan Kadyrow und der Chef der Söldnertruppe „Wagner“ machen keinen Hehl daraus, wen sie für die Misserfolge in der Ukraine verantwortlich machen. Einst Putins Liebling ist Verteidigungsminister Sergej Schoigu nun im Fokus der Aufmerksamkeit.

Das Risiko, sich gegen Kremlchef Wladimir Putin zu stellen, sei zu hoch, zitiert der „Guardian“ auch Dimitri Oreshkin, ein russischer Politikwissenschaftler. „Dieses ganze System ist um einen Vozdh, einen Führer, herum aufgebaut. Wenn man Putin loswerden will, muss man in der Lage sein, schnelle Ergebnisse zu liefern, aber jeder weiß, dass das im Moment nicht möglich ist.“ (Tsp)

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